Der Bund der Steuerzahler :
" Die 8,4 Millionen Euro teure Umgehungsstraße sollte das ostfriesische Bensersiel an der Nordseeküste vom Durchgangsverkehr entlasten.
Das war aber nur kurz der Fall, denn seit Monaten ist sie gesperrt.
Die 2,1 Kilometer lange Strecke führt nämlich mitten durch ein europäisches Vogelschutzgebiet und ist deshalb für illegal erklärt worden.
Im schlimmsten Fall muss die Straße auf Kosten der Steuerzahler wieder beseitigt werden.
Schon zur Jahrtausendwende begannen die Planungen für den Bau der Umgehungsstraße in Bensersiel, einem Ortsteil der Stadt Esens.
Naturschützer wiesen früh darauf hin, dass die vorgesehene Trasse mitten durch ein „faktisches“ Vogelschutzgebiet verläuft.
Die EU verlangte deshalb im Jahr 2003 vom Land Niedersachsen, die Flächen als Schutzgebiet anzuerkennen und nach Brüssel zu melden.
Dies hätte jedoch den Bau der Ortsumgehung verhindert. Die Meldung erfolgte deshalb erst nach erneuter EU-Aufforderung vier Jahre später.
Dabei trickste das Land und bezog den Trassenverlauf nicht in das gemeldete Vogelschutzgebiet ein – mit fatalen Folgen, wie sich herausstellen sollte.
Wenige Monate nach dem ersten Spatenstich erwirkte im September 2009 ein nach wie vor rechtmäßiger Eigentümer der beanspruchten Flächen – sie wurden von der öffentlichen Hand nur vorläufig in Besitz genommen – einen vorübergehenden Baustopp.
Die Gefahr, dass der geltende Bebauungsplan für die Umgehungsstraße für unwirksam erklärt wird, bannte die Stadt Esens dadurch, dass sie kurzerhand einen neuen, nahezu identischen Bebauungsplan beschloss.
Somit konnte der Straßenbau nach fünfmonatigem Stillstand im Februar 2010 fortgesetzt und im Mai 2011 abgeschlossen werden. Rund 8,4 Millionen Euro wurden investiert, ein Großteil aus Fördermitteln von Bund und Land.
Die Befürworter der Ortsumgehung wähnten sich mit der feierlichen Eröffnung am Ziel, doch wenige Jahre später erlitt die Stadt schwere juristische Niederlagen: Beide Bebauungspläne wurden im April 2013 vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht und im März 2014 vom Bundesverwaltungsgericht für unwirksam erklärt.
Die Gerichte urteilten, dass die Verkehrsstraße aufgrund ihrer ornithologischen Bedeutung in das Vogelschutzgebiet einzubeziehen gewesen wäre und damit nicht hätte bebaut werden dürfen.
Seither trägt die Umgehungsstraße in Bensersiel den Stempel „Schwarzbau“ – und Schwarzbauten droht regelmäßig der Abriss.
Die Stadt stieß ein neuerliches Bebauungsplanverfahren an, um die Strecke nachträglich doch noch zu legitimieren.
Gleichzeitig begann sie, mit dem seit Jahren klagenden Eigentümer über eine Entschädigung für seine 5,2 Hektar Land zu verhandeln, die mit der Straße überbaut worden sind.
Das Enteignungsverfahren war zuvor gerichtlich gestoppt worden.
Presseangaben zufolge ist die Stadt Esens bereit, die stattliche Summe von 4 Millionen Euro aufzubringen. Im Gegenzug soll der Eigentümer seine noch anhängigen Klagen zurückziehen, die den ebenfalls millionenschweren Abriss der Straße besiegeln könnten.
Ob die ohne Rechtsgrundlage gebaute Ortsumgehung tatsächlich noch gerettet werden kann, steht in den Sternen.
Seit Mai 2017 ist die Straße jedenfalls auf Verlangen des Eigentümers gesperrt und damit funktionslos.
Der Bund der Steuerzahler meint ,für die politischen Tricksereien und juristischen Winkelzüge werden am Ende die Steuerzahler bluten – entweder mit Millionensummen für einen „Deal“ mit dem Eigentümer oder im schlimmsten Fall für den Rückbau der Straße.
Ein Ostfriesenwitz der ganz schlechten Sorte!"
Esens Stadtdirektor Harald Hinrichs gegenüber der örtlichen Presse: „Gerne hätte ich darauf hingewiesen, dass sich die Stadt Esens derzeit mit allen Kräften darum bemüht, diese Investition (8,3 Millionen Euro) für die Zukunft zu retten. Sollte es im schlechtesten Falle doch zu einem Rückbau kommen, wäre ein Eintrag ins Schwarzbuch sicher gerechtfertigt. Der Steuerzahlerbund mache es sich sehr einfach, wenn er behauptet, „man müsse die rechtliche Seite erst klären, bevor man baut“.
Gerade der Umstand, dass es sich um ein „Vogelschutzgebiet handeln könnte“, so Hinrichs,
sei bei der Planung intensiv erörtert worden (unter anderem mit dem niedersächsischen Umweltministerium).
Dazu Manfred Knake, Sprecher der Umweltschützer "Wattenrat":
„Die verengte Realitätswahrnehmung des Esenser Stadtdirektors Harald Hinrichs zum Schwarzbucheintrag der illegal gebauten Umgehungsstraße Bensersiel ist bemerkenswert. Die zugrunde liegenden Gerichtsurteile zur Rechtsunwirksamkeit der von der Stadt aufgestellten Bebauungspläne für die Umgehungsstraße Bensersiel sowie die ebenfalls gerichtlich festgestellte Rechtswidrigkeit der Enteignung des Flächeneigentümers blendet er einfach aus. Teile der Straße gehören jetzt dem erfolgreichen Kläger und Landeigentümer, sie sind ihm rechtlich "zugewachsen".
Die rechtliche Seite ist also durchaus geklärt. Was jetzt noch kommen kann, sind nur noch politische Tricksereien, um die Straße dennoch zu erhalten. Die Stadtverwaltung und der Rat der Stadt Esens haben seit 2003 gewusst, dass die Straßenplanung unzulässigerweise in einem "faktischen Vogelschutzgebiet" stattfand, und dennoch weitergemacht und dabei 5,4 Millionen Euro Fördermittel in Anspruch genommen.
Das kann auch evtl. als Rechtsbeugung durch Amtsträger bewertet werden, also die vorsätzlich
falsche Anwendung des Rechts, und das ist sogar strafbar, ganz abgesehen von der Möglichkeit der Amtshaftung“
Unsere Meinung :
Nicht der Steuerzahlerbund macht es sich zu einfach, sondern der Stadtdirektor.
Die Feststellung des Bundes der Steuerzahler dass man „ die rechtliche Seite erst klären müsse, bevor man baut“, dürfte jedem verständigen Bürger eine Selbstverständlichkeit sein.
Ein Satz , den man in Stein meißeln könnte und der in der gesamten zivilisierten Welt gilt.
Und gerade der Umstand, „dass es sich um ein Vogelschutzgebiet handeln könnte“ , hätte zwingend zu der Erkenntnis führen müssen, dass es sich bis zu einer förmlichen nationalen Unterschutzstellung unweigerlich um ein „faktisches Vogelschutzgebiet“ gehandelt hat....mit der Folge eines verschärften Beeinträchtigungs - und Störungsverbotes nach Artikel 4 , Abs. 4 , Satz 1 der Vogelschutzrichtlinie ( EuGH Urteil vom 07.Dezember 2000).
Eine „intensive Erörterung“ und ein Gespräch mit dem Umweltminister sind nun einmal keine Rechtsgrundlage und können bestehende Gesetze und einschlägige Rechtsprechung …. selbst für den Geltungsbereich der Stadt Esens …..nicht außer Kraft setzen.
Und was die „Bemühungen mit allen Kräften“ anbelangt, so sind diese nach unserer Einschätzung ausschließlich darauf ausgerichtet, nach neuen Schlupflöchern zu suchen, die vielen Rechtsverstöße zu vertuschen.