Zunächst einmal die wichtigsten Daten aus dem Vertragsentwurf:
Ja, es trifft zu, dass der Leiter TEB / Geschäftsführer Touristik GmbH Schmitz in der Sitzung des Verwaltungsausschusses vom 23.10. 2017 ( zumindest für mich überraschend) den Entwurf eines Pachtvertrages präsentierte, der vorsieht, dass das Kur- und Therapiezentrum , das Herzstück der Nordseetherme an einen auswärtigen Interessenten verpachtet werden soll....und das wäre in meinen Augen eine beschämende Bankrotterklärung der gerade erst gegründeten Touristik GmbH .
Als Pachtbeginn ist vorgesehen der 01. Januar 2018. Die vorläufige Pachtdauer soll sich über 5 Jahre erstrecken.
Der Pachtzins soll berechnet werden auf der Grundlage des monatlichen Bruttoumsatzes.
Der Leiter TEB geht in seinen Überlegungen davon aus, dass die Verpachtung als Betriebsübergang i.S. des § 613 a BGB einzuordnen ist. Demzufolge sieht der Entwurf auch vor, dass das betroffene Personal der Abteilung dem potentiellen Pächter „übergeben“ wird. Das würde bedeuten, dass die Mitarbeiter noch ein Jahr lang Anspruch auf Weiterzahlung der bisherigen Vergütung haben.
Gem. Entwurf des Pachtvertrages soll der Pächter u.a. einen Finanzkostenzuschuss in Höhe von 440.000,- Euro erhalten , verteilt auf die fünf Jahre der vorgesehen Pachtdauer.
Abgesehen von mehreren formellen und handwerklichen Fehlern in der textlichen Ausgestaltung des Vertragsentwurfs ( die ich größtenteils im VA bereits aufgezeigt hatte), darf dem Abschluss dieses Vertrags in der vorliegenden Fassung schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht zugestimmt werden .
Die Stadt ... und damit der Bürger.... zahlt wieder einmal kräftig drauf....und nur, weil die verantwortlichen Personen nicht in der Lage sind, das selbst verschuldete Personalproblem zu lösen.
Die Leidtragenden sind wieder einmal die Mitarbeiter, auf deren Rücken die untauglichen Sanierungsbemühungen ausgetragen werden.
Mein Versuch , in einem informellen Gespräch mit allen im Rat vertretenen Parteiein/ Fraktionen , den Vorgang..... mit Fakten unterlegt.... erneut zu erörtern, ist leider gescheitert.
Details dazu möchte ich Ihnen und mir an dieser Stelle ersparen.
Nachstehend seien die aus meiner Sicht gravierendsten Mängel aufgezeigt:
Als Vertragspartner des TEB ( Pächterin) ist eine Gesellschaft genannt, die es gar nicht gibt. Allein dieser Formfehler führt schon dazu, dass der gesamte Vertrag nichtig wäre.
Es fehlt die Mitteilung ( ggfs. Kündigung) der Touristik GmbH an den städtischen Eigenbetrieb TEB, dass sie das zentrale Geschäftsfeld „ Kur- und Therapiezentrum“ nicht weiter betreiben will...obwohl sie gem. dem mit der Stadt Esens abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag rechtlich dazu verpflichtet wäre.
Der vorliegende Vertragsentwurf ist nach meiner Kenntnis einseitig vom potentiellen Pächter und dessen Anwalt erstellt worden. Dabei sind ganz offensichtlich die haushalterischen Obliegenheiten und Zwänge der Kommune sträflich vernachlässigt worden.
Für den Fall, dass sich die mit großem Pomp gestartete GmbH aus der Verantwortung ziehen sollte, hätte die Stadt die Verpflichtung gehabt, den Betrieb des Kur- und Therapiezentrums auszuschreiben …zumindest aber hätte ein Interessenbekundungsverfahren durchgeführt werden müssen.
Damit wäre sichergestellt, dass auch ortsansässige Physiotherapeuten die Chance erhalten hätten, sich ebenfalls in einen Bieterwettbewerb einzubringen . Darüber hinaus wären auch die zwingend notwendigen haushalterischen Interessen der Stadt gewahrt worden .
Das gesamte Verfahren verstößt ganz eindeutig ….und nach meinem Eindruck sogar vorsätzlich..... gegen gesetzliche Vorgaben. Gem. § 64 Abs. 1 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes (NPersVG) „bestimmt der Personalrat gleichberechtigt mit bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen , die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt , Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken.“ Der Personalrat ist nach eigenem Bekunden bis heute nicht verfahrensrechtlich beteiligt worden.
Die dem potentiellen Pächter zugedachten finanziellen Zuwendungen sind m.E. mit Blick auf die Haushaltslage der Stadt unzulässig und unvertretbar. Wenn ein Privatinvestor in Bensersiel den Geschäftszweig „Therapie“ betreiben will, so hat er nach meinem Verständnis zwangsläufig die damit verbundenen Geschäftsrisiken selbst zu tragen und nicht auf die Bürger dieser Stadt abzuwälzen. Wenn dann noch der Kostenzuschuss in Höhe von insgesamt 440.000,- Euro ( zuzüglich weiterer geldwerter Leistungen) damit begründet wird, dass „diese Pauschale als Finanzhilfe bezüglich der Personalkosten außerhalb der Saisonzeit dient“ , wird jeder Grundsatz eines fairen Wettbewerbs ad absurdum geführt. Mit dem gleichen Argument könnten z.B. Hotels, Gaststätten, Geschäfte etc künftig ebenfalls Finanzhilfen für Aufwendungen außerhalb der Saison einfordern.
Mein Eindruck:
Der Pachtvertragsentwurf trägt eindeutig die Handschrift des potentiellen Pächters....der Leiter TEB macht in dem Vorgang , wieder einmal, keine gute Figur.
Bei Beachtung der Haushaltsgrundsätze Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit dürfte kein Ratsmitglied dem geplanten Pachtvertrag zustimmen.
Nach wie vor habe ich grundsätzlich große Bedenken, dass diese Vorgehensweise am Ende überhaupt zu dem gewünschten Ergebnis führen wird, nämlich einer Reduzierung der Kosten im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung , inbesondere in dem ab 2012 geforderten vollkonsolidierten Haushalt .
Die prekäre Situation , in der sich die Stadt und das von ihr dominierte Touristikwesen derzeit befindet , kommt nicht überraschend und hat eine jahrelange Vorgeschichte.
Das Problem nahm seinen Anfang bereits zu Zeiten des Kurvereins Esens- Bensersiel, als der Stadtdirektor und der Rat der Stadt ( vertreten duch einige Ratsmitglieder in dessen Vorstand ) , die Übernahme zu vieler und zu hoher Bürgschaften zu Lasten der Stadt zuließen.
Am Ende stand die Stadt gerade für ca. 14 Millionen Euro Schulden, der der Verein angehäuft hatte.
Verschärft worden war die bis dahin ohnehin angespannte finanzielle Situation durch die unkontrollierte Überschreitung der veranschlagten Kosten für die Sanierung der Nordseetherme in Höhe von 5 Mio. Euro auf nahezu 10 Mio €.
Die nächste Fehlentscheidung war , dass der Rat entgegen eindringlicher Warnungen und aufgrund falscher Beratung durch den Stadtdirektor einen Eigenbetrieb gründete.
Die Folge war, dass die Beschäftigten unter Beachtung der Angleichungspflicht gem. NKomVG arbeitsrechtlich dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD ) unterfielen.
Dadurch entstanden naturgemäß erhebliche Personalmehrkosten mit der Konsequenz, dass sich die ohnehin desolate finanzielle Lage weiter verschlechterte.
Der nächste Fehler war der Abschluss eines Haustarifvertrags, dazu noch ohne darin eine Ausstiegsklausel zu vereinbaren.
Dieser Haustarifvertrag war überflüssig wie ein Kropf und holte obendrein noch die Gewerkschaft ins Boot..... mit den hinlänglich bekannten Folgen..
Als endlich die Fakten und die finanzielle Brisanz erkannnt worden waren, folgte postwendend der nächste Fehler.
Entgegen meiner dringenden Empfehlung wurde der Haustarifvertrag gekündigt, mit der Folge, dass der materielle Teil des Vertrages nachwirkte und bis heute noch nachwirkt.
Dass die Kündigung rechtswidrig war und im Innenverhältnis immer noch ist , sei nur noch am Rande erwähnt.
Die damit verbundenen finanziellen Auswirkungen wirken sich aufgrund des mit der neu gegründeten Tourismus GmbH abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages auf das operative Geschäft der Gesellschaft ebenfalls negativ aus.
Unter Anwendung der §§ 3 und 4 des Geschäftsbesorgungsvertrages in Verbindung mit dem Betrauungsakt hat die Stadt der GmbH einen Aufwendungsersatz, eine Vergütung und Ausgleichszahlungen zu leisten, insbesondere mit Blick auf die Entgeltzahlungen nach dem Tarif des öffentlichen Dienstes.
Damit schließt sich der Kreis, die Kosten sind wieder bei der Stadt.... also den Bürgern.... gelandet.
Alle Bemühungen, über arbeitsvertragliche Vereinbarungen die Personalkosten zu senken, sind bislang gescheitert.
Fest steht, dass die Mitarbeiter an dem finanziellen Dilemma , in dem wir jetzt stecken, schuldlos sind.
Sie sind zweifellos das Opfer verfehlter Kommunalpolitik !
Gefragt sind jetzt kritikfähige Politiker, die bereit sind , alte Zöpfe abzuschneiden, um unsere Stadt in vertrauensvoller Ratsarbeit wieder auf Kurs zu bringen.