Allein die Änderung der Satzung für den städtischen Eigenbetrieb TEB , Tagesordnungspunkt 5 der letzten Sitzung des „alten“ Stadtrats vom 27. Oktober 2016 , gibt Anlass für berechtigte Sorge.
Dieser TOP im öffentlichen Teil der Ratssitzung ging bedauerlicherweise unter im Trubel der letzten Wochen und der Fokussierung auf die essentiellen Probleme wie Haushalt, kommunale Entlastungsstraße, Verkauf der Altenwohnungen und die sich immer wieder verzögernde Überführung des TEB in die Touristik GmbH .
Worum geht es ?
Bevor wir als Bündnis Zukunft Esens (BZE) die mit Mehrheit beschlossene Satzungsänderung bewerten, gestatten Sie uns einige Sätze zum besseren Verständnis.
Am 30. September 2013 hatte der Rat der Stadt Esens bei zwei Gegenstimmen
( Schultz und Nerschbach ) beschlossen, den wirtschaftlichen Teil des de facto insolventen Kurvereins Esens - Bensersiel zum 01. Januar 2014 zu übernehmen und ihn zukünftig als Eigenbetrieb der Stadt Esens weiter zuführen.
Diese Entscheidung war unseres Erachtens nach ökonomischen Gesichtspunkten definitiv falsch .
Der Rat ignorierte damals die damit verbundenen und unverantwortbaren finanziellen Folgen hinsichtlich der zu erwartenden Personalmehrkosten als Konsequenz aus der Überführung der Beschäftigten in den öffentlichen Tarifbereich.
Der ab 2014 bestehende TEB als kommunaler Eigenbetrieb war nunmehr gem. der Niedersächsischen Kommunalverfassung sowie der Eigenbetriebsverordnung als „Sondervermögen der Kommune ohne eigene Rechtspersönlichkeit“ zu führen.
Daraus folgerte u.a. , dass eine Betriebssatzung aufgestellt und erlassen werden musste .
Diese wurde auch bestimmungsgemäß vom Rat verabschiedet.
Auch der gesetzlich vorgeschriebene Betriebsausschuss wurde gebildet und in der Satzung verankert.
Der Betriebsausschuss ist gem.§ 73 NKomVG ein Ratsausschuss nach besonderen gesetzlichen Vorschriften und unterscheidet sich somit erheblich von den „normalen“ Ausschüssen der Vertretung .
Die Bildung des Betriebsausschusses und das weitere Verfahren richten sich nach den Vorschriften des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes , die Zusammensetzung dagegen nach der Betriebssatzung....und unterfällt somit der Zuständigkeit des Rates.
Und um letzteres , nämlich eine Veränderung in der Zusammensetzung des Betriebsausschusses ging es in der Ratsvorlage !
Das Procedere innerhalb der Gesellschaft ( auf privatrechtlicher Basis) dagegen regelt ausschließlich der Gesellschaftsvertrag .
Der Eigenbetrieb TEB ( als Teil einer öffentlich rechtlichen Gebietskörperschaft ) soll unbeschadet der Gründung der GmbH weiter bestehen bleiben, um die vorhandene Infrastruktur zu verwalten und bestmöglich zu vermarkten.
Heißt : Der TEB hat ausschließlich eigene bzw. Interessen der Stadt wahrzunehmen.
Oberstes Gebot des TEB muss sein, den Schuldendienst sicher zu stellen.
Die notwendigen Einnahmen zur Tilgung der vom alten Kurverein übernommenen Kredite in Millionenhöhe kann der TEB aber nur über den Weg der Verpachtung der Liegenschaften an die neue Touristik Betriebs GmbH generieren.
Es bedarf also aus Gründen einer sauberen Geschäftsführung einer strengen Trennung zwischen der privaten GmbH und dem öffentlich - rechtlichen Eigenbetrieb TEB , weil beide Vertragspartner jeweils unterschiedliche Interessenlagen vertreten müssen.
Der TEB muss , auch im Interesse der Stadt, eine möglichst hohe Pacht erzielen, während die GmbH natürlich daran interessiert sein muss, genau das zu vermeiden.
Um Interessenkonflikte und undurchsichtige Verflechtungen von vornherein auszuschließen, muss eherner Grundsatz sein, eine transparente und strikte Abgrenzung beider Bereiche sicher zu stellen.
Genau das Gegenteil ist jetzt der Fall.
Aufgrund der Vorlage 670/ 2016 hat nunmehr der Rat mit Mehrheit beschlossen, die für den TEB erstellte Satzung dahin gehend zu ändern, dass auch die drei Mitgesellschafter der GmbH ( KV Esens – Bensersiel, Bensersiel Aktiv und AEU) künftig dem Betriebsausschuss angehören ….mit Stimmrecht !
Konsequenterweise setzte der Rat in seiner neuen Zusammensetzung am 07. November 2016 diese Vorgabe um und wählte, ebenfalls mit großer Mehrheit, drei Vertreter der privaten Mitgesellschafter in den Betriebsausschuss .
Mit dieser Entscheidung wird sehenden Auges und entgegen jeder Vernunft eine unnötige Konfliktsituation geschaffen, die an die jahrelange Klüngelwirtschaft erinnert, als Ratsmitglieder in den Vorstand des Kurvereins „entsandt“ wurden.
Als Vorstandsmitglieder häuften sie über Jahre in Bensersiel Schulden an und als Mitglieder des Rates sorgten dieselben Personen , zurück in Esens, für die Übernahme der erforderlichen Bürgschaften durch die Stadt.
Diese unzulässige Vermischung von gegensätzlichen Interessen und Pflichten trug letztendlich dazu bei , dass der Kurverein kollabierte und unsere Stadt in hoffnungsloser Überschuldung versank.
Der Betriebsausschuss jedenfalls ist unstrittig ein Organ des städtischen Eigenbetriebs, in dem private Gesellschafter, die in enger geschäftlicher Beziehung zu ihm stehen, nichts verloren haben.
So muss dieser Ausschuss u. a. auch über die Höhe der Pacht beraten und dem Rat entsprechende Vorschläge zur Beschlussfassung empfehlen.
Es wäre müßig, darüber zu spekulieren, wie sich die drei Mitgesellschafter in einer Debatte des Betriebsausschusses über die Höhe der Pachten und Mieten verhalten werden ( verständlicherweise ), zumal schon die Ratsmitglieder, die auch in Organen der privatrechtlichen GmbH eigentlich deren Interessen vertreten sollen, einem nicht unerheblichen intrapersonellen Konflikt ausgesetzt sein dürften.
Und das alles ohne jede Not ….stellt sich die Frage, was steckt wirklich hinter dieser desaströsen Aktion ? !
Vielleicht ist es überzogen , in obigem Zusammenhang auf den „Deutschen Corporate Governance Kodex“ zu verweisen.
Fakt aber ist, dass die im Rat beschlossene Regelung auf gar keinen Fall der Compliancekultur entspricht, nach der sich auch juristische Personen regelkonformen Verhaltensweisen unterwerfen müssen.
Nur unter strenger Beachtung deren Vorgaben kann Korruption vermieden und jedem Anfangsverdacht der Boden entzogen werden.
Aber es kommt noch schlimmer !
Als sei es mit der oben geschilderten Vermischung zwischen den Interessen des TEB und der GmbH noch nicht genug , hat die Ratsmehrheit noch einen drauf gesetzt und entschieden, dass der künftige Geschäftsführer ( GF) der Touristik GmbH in Personalunion auch als Leiter des Eigenbetriebs TEB eingesetzt werden soll.
Nicht übel... In dieser Konstellation muss er als Geschäftsführer der GmbH nicht erst Wünsche und Anliegen beim TEB ( = Stadt ) beantragen oder Konditionen aushandeln.
Er setzt sich einfach einen anderen Hut auf und sorgt somit als Leiter des TEB in eigener Zuständigkeit dafür, dass die wirtschaftlichen Interessen der GmbH innerhalb des städtischen Eigenbetriebes berücksichtigt und geräuschlos ( zu Lasten der Allgemeinheit ) umgesetzt werden können.
So löst man keine Probleme ...im Gegenteil, man manifestiert und verschärft sie ….und schafft neue !!
Das BZE ist sich sicher......das Touristikproblem der Stadt Esens ist mit der formellen Indienststellung der GmbH nicht behoben, wohl eher nur temporär übertüncht.