Bedauerlich ist allerdings, dass Stadt und Kreis mit der irreführenden Aussage , die Rechtslage sei „ letztlich noch ungeklärt“, versuchen, in der Öffentlichkeit wieder Zweifel zu streuen, statt endlich das höchstrichterliche Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27. März 2014 zu respektieren.
Da nützt es auch nichts, wenn die Behördenvertreter neue Hoffnung auf den Erhalt der Straße nähren, indem sie verkünden , „dass die Stadt an einem neuen Bebauungsplanverfahren arbeite, um die Straße nachträglich zu legitimieren“.
Unsere Meinung:
Der in dem Pressebericht angesprochene Bebauungsplan Nr. 89 , für den der Rat der Stadt am 26.09.2016 den Aufstellungsbeschluss verabschiedet hatte, hat nach unserer festen Überzeugung keine Chance auf rechtlichen Bestand.
Der Beschlussvorschlag geht nämlich u.a.in seiner Grundannahme davon aus, dass „durch die absehbare Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes LSG II eine Änderung der Sach- und Rechtslage eintreten werde“.
Diese Annahme ist unseres Erachtens bei näherer Betrachtung der einschlägigen Urteile des Oberverwaltungsgerichtes sowie des Bundesverwaltungsgerichtes nicht nachvollziehbar und widerspricht sogar eindeutig der Rechtsprechung.
Zwischenzeitlich ist die o.g. Landschaftsschutzgebietsverordnung in Kraft getreten und hat nach unserem Eindruck die Situation um die KES sogar weiter verschärft.
So werden darin u.a. Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichtes hartnäckig ignoriert und darüber hinaus Flächen als Schutzflächen für Vogelarten einbezogen, die wegen des (rechtswidrigen) Straßenbaus als solche komplett entwertet worden sind.
Gegen diese vom Landkreis erlassene Verordnung hat der Eigentümer der Straße eine hundert Seiten umfassende Klage beim Oberverwaltungsgerichts Lüneburg eingereicht.
Diese Klage ist für die Stadt von einer Brisanz, die weit über die Frage des Erhalts der Straße hinausgeht.
Neben der willkürlichen und rechtswidrigen Einbeziehung von ungeeigneten Flächen am südlichen und westlichen Ortsrand Bensersiels geht es auch um östlich gelegene Flächen, die die Stadt Esens für zwei Millionen Euro als künftiges Bauland gekauft hat.
Diese Fläche gilt nach wie vor als faktisches Vogelschutzgebiet und unterliegt darüber hinaus als ein sogenanntes „Biotopverbundelement“ zwischen den beiden Natura-2000-Gebieten V01 „Niedersächsisches Wattenmeer“ und dem Vogelschutzgebiet V63 schon wegen seiner exponierten geografischen Brückenlage und ihrer Zugehörigkeit zu dem IBA - Gebiet NI 044 einem besonderen Schutz.
Dass auch die Rechtmäßigkeit des geplanten Golfplatzes in Neuharlingersiel in diesem neuen Rechtsstreit beklagt wird, sei der Ordnung halber nur noch am Rande erwähnt.
Fakt ist nun einmal, dass der Bebauungsplan Nr.89 untrennbar mit dem rechtlichen Bestand der Landschaftsschutzgebietsausweisung verbunden ist.
So lange diese Verordnung nicht rechtskräftig ist...und das wird sie in dieser Form aller Voraussicht nach nie werden.....macht es folgerichtig auch keinen Sinn, überhaupt einen neuen Bplan aufzustellen.
Wir verbrennen mit einem solchen Vorgehen unnötigerweise weiter öffentliche Haushaltsmittel, die an anderer Stelle sinnvoll eingesetzt werden könnten. Allein im Jahr 2016 sind für Planungsarbeiten im Zusammenhang mit den Bemühungen zum Erhalt der KES schon wieder über 135.000,- Euro ausgegeben worden.
Die Stadt beschwört im Übrigen ein weiteres Risiko herauf.
Sollte nämlich die Stadt Esens nicht sofort in Gespräche mit dem Kläger eintreten, kann ...und das ist mit Blick auf die unappetitliche langjährige Vorgeschichte zu erwarten....das Oberverwaltungsgericht den Abriss der Straße anordnen .
Dann geht nichts mehr, selbst bei allem guten Willen aller Beteiligten.
Parallelen zum Jahr 2014 drängen sich auf , als noch vor der Verkündung des BVG- Urteils vom 27. März die Möglichkeit zur Herstellung der Rechtssicherheit der Straße bestanden hatte und kläglich verspielt worden war.
Nichts aus der Vergangenheit gelernt....!
Und noch etwas :
Die jetzt in Rede stehende Sperrung der Straße für den öffentlichen Verkehr hat eine juristisch völlig neue Situation geschaffen. Der Eigentümer der Straße kann jetzt aus eigenem Recht heraus den Abriss der Straße verfügen , da er mit einer solchen Maßnahme nicht mehr in öffentliches Recht eingreifen würde.
Da nach unserer Einschätzung nunmehr auch eindeutig die Sicherungslast für die Straße ausschließlich dem Eigentümer obliegt, ist verständlicherweise durchaus auch zu erwarten, dass dieser zum Selbstschutz von seinem Recht zum Rückbau der Straße Gebrauch machen wird.
Damit stünde der worst case bevor.
Zur Klarstellung:
In der Öffentlichkeit ist scheinbar der Eindruck entstanden, dass die anhängige Klage zur Sperrung der KES vor dem Verwaltungsgericht in Oldenburg damit in der Sache erledigt sei.
Das dürfte unseres Ermessens nach nicht der Fall sein.
Der Kläger wird klugerweise eine Abänderung der Klage erwirken und beantragen, festzustellen, dass die Straße in der Vergangenheit rechtswidrig dem öffentlichen Verkehr geöffnet worden war und zur Zeit noch immer ist.
Die Folgen eines solchen Urteils dürften schwer wiegen.
Bemerkenswert ist nach unserer Meinung der Kommentar des Chefredakteurs des Anzeigers, Herrn Klaus - Dieter Heimann.
In seiner klaren Ansprache benennt er Fakten , ruft aber zugleich mit Blick auf künftig mögliche Schreckensszenarien zu Gesprächen mit den Eigentümern auf.
Diesem eindringlichen Appell können wir uns nur anschließen, immerhin fand das letzte Gespräch zwischen der Stadt Esens und dem Kläger/ Eigentümer am 02. Juni 2015 , also vor fast zwei Jahren, statt.
Und das liegt nicht am gesprächsbereiten Eigentümer der Entlastungsstraße.