Die Absicht, die Wohnungen entgegen aller ökonomischen Vernunft und unter Vernachlässigung aller sozialen Verpflichtungen zu verkaufen, war auch ein heftig diskutiertes Thema während des Wahlkampfes zur Kommunalwahl im September 2016.
Gerade unsere Gruppe BZE hatte sich auf die Fahnen geschrieben, für den Erhalt der Wohnungen in Stadteigentum zu kämpfen und dabei u.a. auf die steigende Altersarmut, die gerade jetzt wieder aktuell durch neueste Gutachten betätigt wird , verwiesen.
Eine Sanierung wäre bei einer geordneten Haushaltsführung und unter Berücksichtigung der zur Zeit geltenden Finanzierungsbedingungen (Null-Zinsphase) auch kein Problem gewesen.
Leider aber wurden in Esens in der Vergangenheit permanent neue und sündhaft teure Problemfelder geschaffen mit der Folge , dass jetzt die AW ... das letzte Tafelsilber, über das die Stadt noch verfügen konnte...verkauft werden müssen, damit ein Finanzloch an anderer Stelle gestopft werden kann.
So wird in diesem Fall der Verkaufserlös in voller Höhe als Einlage für das Stammkapital sowie die Kapitalrücklage für die neue Touristik GmbH dringend benötigt und auch verwendet.
Dass die finanzielle Gesamtsituation der Stadt mehr als beängstigend ist, dürfte nichts Neues sein.
Dass insofern Haushalt, Altenwohnungen, TEB / GmbH und weitere Problemfelder untrennbar miteinander verknüpft sind, dürfte auch nachvollziehbar sein.
Aber unstrittig ist auch:
Die Probleme sind nicht vom Himmel gefallen, sie sind Folge eklatanter politischer Fehlentscheidungen in der Vergangenheit...sie sind alle hausgemacht .
Und sie werden sich verschärfen und uns in naher Zukunft umso heftiger auf die Füße fallen.
Mit dem geschichtsträchtigen Verkaufsbeschluss des Rates vom 27.Oktober 2016 sind jetzt Fakten geschaffen worden.
55 Altenwohnungen werden an einen privaten Investor verkauft.
21 Wohnungen in der Wiard - Lüpkes - Straße bleiben in Stadteigentum.
Davon sind sage und schreibe in diesem Jahr nach Jahrzehnten des Stillstandes tatsächlich neun Wohnungen saniert und energetisch aufgerüstet worden....... zu mehr hat es nach Jahrzehnte langem Stillstand und Verfall der städtischen Liegenschaften nicht gereicht.
Unter den gegebenen Umständen musste ich im Interesse der betroffenen Mitbürger meine ablehnende Haltung zu einem Verkauf zurückstellen.
Bin aber nach wie vor davon fest überzeugt, dass der Verkauf ein großer Fehler ist.
Immerhin besteht im Rat Übereinstimmung darüber, dass die Stadt für 25 Wohnungen ( der insgesamt 55 zu verkaufenden) im Verkaufsvertrag eine Preis- und Zweckbindung einbringen soll, die auch durch Eintragung im Grundbuch abgesichert wird.
Des weiteren besteht Einvernehmen darüber, dass der Investor „Real Bau“ vertraglich verpflichtet werden soll, 25 Wohnungen bezugsfertig herzustellen und diese auf eigene Rechnung auf Dauer für eine Netto-Kaltmiete von maximal 7,- Euro/ qm Wohnfläche vermietet.
Im Angebot hatte der Investor für die Mietpreisbindung eine Befristung von 15 Jahren vorgesehen.
Alle zukünftigen Mieter dieser Wohnungen müssen einen Wohnberechtigungsschein vorlegen. Künftige Mietpreiserhöhungen haben sich an den Regelsätzen des Sozialgesetzbuches zu orientieren.
Durch die entsprechende Grundbucheintragung soll sicher gestellt werden, dass auch bei künftigem Eigentumswechsel, also einem Weiterverkauf durch den Investor, die Zweck – und Preisbindung fort besteht.
Nach dem Motto, „ besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“ konnte und musste ich den Verkaufsbeschluss mittragen...die Alternative wäre gewesen, dass
die ohnehin schon seit Jahren vernachlässigten Bewohner weiterhin auf unabsehbare Zeit in menschenunwürdigen Wohnungen zurück gelassen worden wären.
Immerhin sind ( nach meinem Kenntnisstand ) für das Jahr 2017 Haushaltsmittel ( Kredite) für die Sanierung von sechs weiteren stadteigenen Wohnungen in der Wiard -Lüpkes- Straße eingeplant.
Bleibt zu hoffen, dass aus der Planung auch Realität wird und sich die Mietpreisgestaltung in der Praxis und in den kommenden Jahren auch tatsächlich vertragskonform entwickelt.
Und noch ein Wort zum Schluss :
Die jetzige Lösung ist bei Betrachtung des Wahlergebnisses der Kommunalwahl im September 2016 anscheinend auch von den Bürgern so gewollt.
Wie sonst wäre zu erklären, dass genau die Lokalpolitiker erneut in das Stadtparlament gewählt worden sind, die uns die katastrophale finanzielle Misere und somit auch die Zwangslage um die AW eingebrockt haben.
So funktioniert nun einmal Demokratie und man muss Wählervoten aushalten und respektieren..... auch wenn sie einem ganz und gar nicht gefallen.
Noch ein paar Worte zur Kommentierung des Vorgangs durch den „Anzeiger“.
Aus der Zustimmung kritischer Ratsmitglieder zum Verkauf der Wohnungen ( „einstimmiger Beschluss“ ) zu folgern, dass die Kritik nun „verstummt“ sei , ist aus meiner Sicht eine äußerst oberflächliche Betrachtung, herausgerissen aus dem Gesamtkontext der Esenser Verhältnisse.
Recht hat der Kommentator des „Anzeigers“ allerdings mit seiner Annahme, „dass das Dauerstreitthema Altenwohnungen die Esenser Politik in den vergangenen Jahren geprägt hat“.
Damit dürfte jetzt endgültig Schluss sein.
Die „schweren Vorwürfe“ ,wie der Redakteur formuliert, haben nach wie vor ihre Berechtigung und wurden auch nicht zu Unrecht erhoben, wie wohl in dem Kommentar subkutan suggeriert werden soll.
Es ist und bleibt auch unwiderlegbar, dass die Stadt über Jahrzehnte versäumt hat, die Liegenschaften der Stadt , also Gemeineigentum, in einem gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten. Die Mieteinnahmen hätten dafür zur Verfügung gestanden, wurden aber an anderer Stelle „verheizt“.
Kein privater Hauseigentümer wäre so nachlässig mit seinem Häuschen umgegangen.
Es bleibt auch bei dem Vorwurf , dass sich die Stadt durch den Verkauf des letzten „Tafelsilbers“ einen schlanken Fuß macht und sich ihrer sozialen aber auch gesetzlichen Verpflichtung als Vermieter entzieht.
Blauäugig ist auch die Auffassung des Redakteurs, der Verkaufserlös „entlaste die klamme Stadtkasse“.
Tatsächlich fließt das Geld als Stammkapital und Kapitalrücklage auf direktem Weg in die neue GmbH.
Und diese wird nach meiner Erfahrung und Einschätzung bald ein neues Problem- und Streitthema werden.
An der Schuldensituation der „klammen“ Kommune ändert das Verramschen der AW jedenfalls überhaupt nichts, das Gegenteil dürfte eher der Fall sein.
Man muss sich doch die Frage stellen, weshalb so viele private Investoren am Erwerb der Liegenschaften derartig interessiert sind.
Mir sagte ein potentieller Kaufinteressent in einem längeren Gespräch, dass er „mit der Unterschrift im Kaufvertrag schon 1 Million Euro verdient habe“ und fügte hinzu: „ da hat sich noch kein Bagger bewegt . “
Für mich jedenfalls steht fest, die Stadt hat eine große Chance vertan, bei historisch günstigen Zinsbedingungen die eigenen Liegenschaften wieder in einen ordentlichen Zustand zu versetzen und sie wieder rentabel zu bewirtschaften.....das hätte dazu beitragen können, langfristig die „klamme Stadtkasse zu entlasten.“
Dieser Vorgang ist aber leider neben anderen nur ein „Deja – Vue“ Erlebnis.
Auch in Sachen der kommunalen Entlastungsstraße hätte die Stadt bei dem im Jahr 2014 angestrebten...schon unterschriftsreifen... gütlichen Vergleich den Bestand der Straße rechtssicher machen und darüber hinaus acht Hektar erstklassiges Bauland vermarkten können...mit einem enormen Gewinnpotential für die „klamme Stadtkasse“.
Auch diese Chance wurde damals kleingeistig vergeben, stattdessen werden weitere Rechtsstreite und ein möglicher Rückbau Kosten in Millionenhöhe verursachen.