Zum besseren Verständnis gestatten Sie mir einen Blick auf das Konstrukt einer Samtgemeinde sowie auf die Rechtsgrundlagen „ gemeindlicher Hoheiten “, wie der Stedesdorfer Bürgermeister Oelrichs so griffig formuliert hat.
Bei meiner Betrachtung möchte ich die unappetitlichen Eigeninteressen einiger Ratsherren über alle Parteigrenzen hinweg.... wohl auch des quirligen Bürgermeisters.... am Windpark nicht näher beleuchten.
Leider ist diese üble Art der Selbstbedienung gesetzlich nicht untersagt... bekanntermaßen auch nicht nur auf Stedesdorf beschränkt...abstrafen können ein solch unseriöses Verhaltens nur die Bürger ...und die Gelegenheit dafür bietet sich schon bald.... die Kommunalwahl 2016 steht vor der Tür.
Also zurück zum prognostizierten Konflikt zwischen Samtgemeinde und Mitgliedsgemeinde....dazu die Definition einiger Begrifflichkeiten .
Das Grundgesetz...also unsere Verfassung....verleiht den Kommunen im Artikel 28 Abs. 2 das Recht auf Selbstverwaltung. Somit wird ihnen grundsätzlich eine „Allzuständigkeit“ zugestanden, allerdings nur im Rahmen bestehender Gesetze.
Neben ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich haben die Kommunen auch Aufgaben des Staates auszuführen; dies geschieht in sogenannter Auftragsverwaltung im übertragenen Wirkungsbereich.
Die Gemeinde ( Kommune) ist eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts …..nicht so die Samtgemeinde.
Nach dem Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz werden Samtgemeinden als Gemeindeverbände definiert.
Herausragender Zweck für die Bildung einer Samtgemeinde war seinerzeit, die Verwaltungskraft kleinerer Gemeinden zu stärken. In dem Zuge wurden der SG darüber hinaus gleich auch eigene Aufgaben zugeordnet.
Im Rahmen der Niedersächsischen Gebietsreform wurde die Samtgemeinde Esens am 20. Juli 1972 aus der Taufe gehoben, indem sich seinerzeit die sieben Einheitsgemeinden Dunum, Esens, Holtgast, Moorweg, Neuharlingersiel, Stedesdorf und Werdum zusammenschlossen...... hervorgegangen aus ehemals 17 selbstständigen kleineren Gemeinden.
Dieser Zusammenschluss geschah „freiwillig“ vor dem Hintergrund der Androhung des Landes, eine zwangsweise Zusammenlegung zu einer Einheitsgemeinde per Gesetz anzuordnen.....und das galt es zu verhindern, um den sieben Einzelgemeinden weitestgehend die Souveränität zu erhalten.
Innerhalb des Korsetts „Samtgemeinde“ behielten die Mitgliedsgemeinden nämlich ihre verfassungsrechtlich verbriefte Selbständigkeit.
Bis 1996 galt in Niedersachsen die norddeutsche Ratsverfassung, nach dem zweiten Weltkrieg eingeführt von der damaligen britischen Besatzungsmacht.
Zentrales Organ war der Rat. Dem vom Rat gewählten Bürgermeister stand nur die Vorsitzfunktion im Rat zu, die Verwaltungsarbeit oblag dem Stadtdirektor , (Hauptverwaltungsbeamter) , ebenfalls vom Rat gewählt .
Das Modell wurde umgangssprachlich auch als Zweigleisigkeit bzw. als Doppelspitze bezeichnet.
Dieses Modell wurde 1996 in Niedersachsen abgelöst von der Süddeutschen Ratsverfassung, der sogenannten Eingleisigkeit. Danach werden die Entscheidungen durch zwei Organe getroffen, die unmittelbar von den Bürgern gewählt werden, nämlich dem Rat und dem hauptamtlichen Bürgermeister.
Und nun zurück nach Stedesdorf...und zu den „gemeindlichen Hoheiten“.
Stedesdorf ist als Mitgliedsgemeinde zweifelsfrei eine Gemeinde i.S. des Artikels 28 GG mit allen Rechten und Pflichten, ausgenommen sind da nur die der Samtgemeinde nach dem NKomVG zugeordneten Kompetenzen.
Was überrascht :
Seit der Gebiets- und Verwaltungsreform 1996 gelten auch Mitgliedsgemeinden als „eingleisig“ , selbst dann, wenn sie einen Gemeinde-/Stadtdirektor haben....das trifft entgegen anderslautender Auffassungen und Äußerungen natürlich auch für die Stadt Esens zu.
Heißt im Klartext, dass die Mitgliedsgemeinden....auch Stedesdorf... innerhalb einer Samtgemeinde weitestgehend schalten und walten können, wie sie wollen...und das häufig ohne jede Sach - und Fachkompetenz...und ohne Rücksichtnahme auf Interessen der Nachbar- oder gar der Samtgemeinde ….. von der so häufig beschworenen Solidarität keine Spur.
Wo liegt das wirkliche Problem ?
Wie ich meine , in dem Gebilde einer Samtgemeinde ...ohne wirkliche Kompetenz ausgestattet , angewiesen auf Beschlüsse von Ortsräten, die häufig in Verwaltungs - und Rechtsfragen hoffnungslos überfordert sind...bestes Anschauungsmaterial liefert übrigens seit Monaten die Gemeinde Moorweg.
Es gibt kaum Gemeinsamkeiten, jede Gemeinde ist auf ihren eigenen Vorteil bedacht ( nachvollziehbar und legitim), allein sieben Gemeinderäte plus Ausschüsse..... dazu kommt der Samtgemeinderat ( auch mit Ausschüssen)…. verursachen hohe Aufwandskosten.... Geld , das gerade in der Stadt Esens so dringend gebraucht würde.
Spätesten zum Beginn der künftigen Wahlperiode gehört meines Erachtens die Frage auf den Tisch, welche Verwaltungsform kostengünstiger und vor allem effizienter für uns ist: die Samtgemeinde oder doch eher eine Einheitsgemeinde mit einem abgestimmten und gebündelten Zukunftsprogramm ?
Mit Blick auf die hohe Verschuldung der Stadt, stellt sich in dem Zusammenhang auch die Frage, ob das Land bei einer freiwilligen Umwandlung zu einer Einheitsgemeinde.... wie in vielen anderen Fällen geschehen.... auch uns Finanzmittel zur Entschuldung unseres notleidenden Haushaltes bereitstellen würde.
Auf diesem Weg könnte die Handlungsfähigkeit der Stadt möglicherweise wieder hergestellt werden.
Eine Einheitsgemeinde böte nach meiner Einschätzung u.a. folgende Vorteile :
Entscheidungsprozesse würden erheblich beschleunigt ,
durch erzielbare Synergien Aufwands-, Personal- und Sachkosten eingespart ,
mittelfristig eine überfällige Haushaltssanierung durchgeführt und
die angekratzte Außendarstellung notwendigerweise verbessert werden,
um nur einige Gesichtspunkte zu benennen.
Einer eingehenden und ergebnisoffenen Diskussion zu diesem Themenkomplex sollte sich kein verantwortungsbewusster Esenser Kommunalpolitiker verweigern.....es geht um unser aller Zukunft und nicht um Privilegien einiger Weniger.