Ein Blick auf die Historie :
Im Jahr 2010 schloss der damalige Vorstand des Kurvereins Esens -Bensersiel (KV)mit dem Architektenbüro Seele einen Vertrag, die Nordseetherme in Bensersiel umzugestalten und zu sanieren.
Nach langen in der Öffentlichkeit geführten Diskussionen um die Finanzierung entschied sich der Gesamtvorstand des KV ...obwohl dieser zu dem Zeitpunkt bereits faktisch insolvent war...am 17.11. 2010 für die sogenannte „Kleine Lösung“ mit einem auf 5 Millionen Euro limitierten Kostenansatz.
Der Übernahme der damit korrespondierenden Bürgschaft zu Lasten der Stadt Esens stimmte der Rat selbstverständlich mit Mehrheit zu... nicht wirklich überraschend , zumal der Gesamtvorstand (11 Personen) von sechs vom Rat der Stadt entsandten Ratsmitgliedern dominiert wurde.
Zum besseren Verständnis :
Bis zur Übernahme des wirtschaftlichen Teils des KV durch den neu gegründeten TEB zum 01.01.2014 ( dessen Gründung im Übrigen ein schwerer Fehler war mit schlimmen finanziellen Folgen für die Bürger der Stadt in Millionenhöhe ), wurden alle Kredite des Kurvereins , einschließlich der Kassenkredite , durch Bürgschaften der Stadt Esens abgesichert.
So betrug z.B. schon zum 31.12.2012 …. also zu Beginn des Bauabschnitts II der laufenden Sanierungsarbeiten ... die Bürgschaftsverpflichtung für die Esenser Bürger rund 12.500.000,-Euro !!!
Aufgrund kritischer Anfragen unseres Ratsmitglieds Erwin Schultz beim Landkreis reagierte die Kommunalaufsicht 2013 höchst besorgt über die sich abzeichnende immense Kostensteigerung und monierte die „finanzielle Schieflage“.
U.a. hinterfragte der Landkreis die offensichtlich zusätzlich veranlassten Maßnahmen während der laufenden Bauphase wie zB die LED Beleuchtung oder die Neugestaltung des Saunabereiches .
Auch der fehlende Sicherheitszuschlag ( Puffer für unerwartete Kosten ) machte der Kommunalaufsicht große Sorgen, ebenso wie die unterlassene Einstellung des vereinbarten Architektenhonorars in der vorgelegten Kostenaufstellung.
„Bei den für die unkontrollierte Kostenüberschreitung verantwortlichen Personen müssten insoweit Regressansprüche durchgesetzt werden . Zusätzlich wäre die evtl. strafrechtliche Relevanz ( wegen Untreue ) überprüfen zu lassen, “ so die abschließende Weisung des Landkreises.
Daraufhin trat der damalige 1. Vorsitzende des Kurvereins Fokko Saathoff ( nachdem er seinen Vorgänger Jürgen Buß aus dem Amt gedrängt hatte) , die Flucht nach vorne an.
Am 17.11. 2013 stellte er bei der Staatsanwaltschaft Aurich eine Strafanzeige gegen „Unbekannt“...wie man hört, sehr zur Belustigung der damit befassten Personen .
Es ging dabei u.a. um die vermuteten Tatbestände der Untreue und Korruption.
Gegen „Unbekannt“ ? ??
Dem scheinbar verwirrten und unwissend daherkommenden Ratsherrn und 1. Vorsitzenden hätte bei seiner erfolglosen Suche nach denVerantwortlichen geholfen werden können.
Der Fall landete letztendlich bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück, die nach zweieinhalb Jahren Ermittlungsarbeit zu dem überraschenden Ergebnis kam, dass „hinreichend konkrete Anhaltspunkte für Korruptionsdelikte durch die Staatsanwaltschaft nicht gefunden worden seien. “
Kurz gefasst aus der Begründung:
Für den Tatbestand der Untreue gem § 266 StGB müsse ein Vermögensschaden nachgewiesen werden, zu dessen Herbeiführung vorsätzliches Handeln erforderlich gewesen wäre . Das heißt, der Schaden hätte absichtlich oder zumindest billigend in Kauf genommen werden müssen.Beides sei nicht eindeutig nachweisbar.
Dennoch wies die Staatsanwaltschaft auf gravierende Mängel und Verfahrensfehler hin, die ihrer Meinung nach durchaus als Ansatzpunkte für eine zuvilrechtliche Haftung ausreichen könnten.
So stellte die Staatsanwaltschaft u.a. fest, dass bereits im September 2012 das vorgegebene Budget von 5 Millionen überschritten worden war. Dennoch seien weitere Maßnahmen und Sonderwünsche in Auftrag gegeben worden.
Dazu kamen fehlerhafte Ausschreibungen.
Auch auf einen polizeilich ermittelten Sachverhalt wies der StA hin, wonach ein vom Architekten grundsätzlich bei Renovierungsarbeiten zu berücksichtigender Sicherheitszuschlag von 25% der Bausumme ...also 1.250.000,- Euro....vom Kurverein aus der Kostenplanung bewusst herausgestrichen worden sei, um die 5 Mio.€- Grenze einzuhalten.
Den damaligen Geschäftsführer und Kurdirektor Braatz macht die StA für die Bauleitzinsen in Höhe von 197. 000,-€ verantwortlich, ebenso für die nicht abzugsfähige Vorsteuer von 141.000,-Euro.
Danach hätten diese beiden kaufmännischen Positionen bereits in die ursprüngliche Planung aufgenommen werden müssen. Eine ordentliche vorausschauende Finanzierung hätte Zinsen in Höhe von rd. 200.000,-€ vermeiden können.
Mit Nachdruck wies die StA ebenfalls auf die undurchsichtige Vorgehensweise bei der vollständigen Neugestaltung des Saunabereiches hin, die letztendlich mit 927.000,- Euro zu Buche schlug ....und das, obwohl sie in der sogenannten „Kleinen Lösung“ überhaupt nicht enthalten war.
Zusammenfassend machte die STA folgende Gründe für die verantwortungslose Kostenüberschreitung aus:
anfänglich nicht eingeplante , aber während des Baus umgesetzte Sonderwünsche des Vorstandes des Kurvereins ( 1. Vorsitzender Fokko Saathoff ) .
von der Geschäftsführung des Kurvereins im Vorfeld nicht eingeplante Kosten ( Zinsen und Vorsteuer)
Massenmehrungen in diversen Gewerken ( unklare Verantwortlichkeiten)
eine -möglicherweise politisch motivierte- angenommene maximale Bausumme von 5 Millionen € , die keinen Puffer und keine Sicherheitsaufschläge hatte, spätere Sonderwünsche eigentlich nicht zuließ und evtl. nie realistisch war.
Da der Stadtdirektor Hinrichs trotz der eindringlichen Hinweise seitens der StA auf die Notwendigkeit einer Prüfung zivilrechtliche Haftung nicht reagiert hatte, stellte unser Ratsmitglied Schultz einen entsprechenden Antrag mit Datum vom 07.Juni 2016.
Dieser Antrag wurde im Rat der Stadt (Sitzungsvorlage ST/648/2016 ) vorgestellt und „in die Ausschüsse verwiesen“.
In keinem der Ratsausschüsse ist dieser allerdings im Laufe der vergangenen zwei Jahre bis zum heutigen Tag angekommen oder gar erörtert worden.
Diese Unterlassung führte dazu, dass das BZE mit Datum vom 23.05.2018 den Stadtdirektor an die Bearbeitung des Vorgangs erinnerte.
Als der Staddirektor weiterhin untätig blieb, sahen wir uns gezwungen, die Kommunalaufsicht um Hilfe zu bitten , wobei dieser Vorgang allerdings nicht der einzige war, der uns in jeder Hinsicht an einer ordnungsgemäßen und rechtskonformen Arbeitsweise im Rathaus zweifeln ließ.
Dazu werden wir noch dezidiert berichten , auch zu Entscheidungen des Landrats zu den vorgelegten Themen.
Nunmehr wurde eine Sitzungsvorlage für die Sitzung des Verwaltungsausschusses am 22.10.2018 vorgelegt.
Der Vorlage beigefügt sind drei Stellungnahmen des RA Dr. Halfmann.
Dessen erstes Schreiben vom 03.08.2016 bezieht sich auf die „Übermittlung der Verfügung der Staatsanwaltschaft Osnabrück vom 25.04.2016“ durch den Stadtdirektor Hinrichs .
Bezeichnenderweise wird kein Datum genannt, mit dem die Verwaltung „übermittelt“ hat... was in einem offiziellen Schriftverkehr höchst ungewöhnlich ist, also zwangsläufig Raum für Spekulationen bietet.
In diesem Schreiben geht der Anwalt , wie schon die Staatsanwaltschaft, auf die Ungereimtheiten im Verfahren der Thermensanierung ein und schließt ebenfalls mögliche zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gegen die verantwortlichen Personen nicht explizit aus.
In seiner zweiten Stellungnahme vom 26.09.2016 geht der Anwalt auf eine Anfrage des Stadtdirektors ein, in dem dieser um Mitteilung gebeten hatte, „inwieweit bei diesem Sachverhalt Verjährungen eintreten können“.
Abgesehen davon, dass man von einem Stadtdirektor erwarten darf, selbst den § 195 BGB lesen und interpretieren zu können, wird aber schon die Tendenz der geplanten Vorgehensweise des Herrn Hinrichs erkennbar.
Interessant ist die nachfolgend zitierte Formulierung des Anwalts :
„ Wir haben keine Kenntnis von haftungsbegründenden Tatsachen. Das geht auch aus dem Abschlussvermerk der Staatsanwaltschaft hervor, die zwar die Möglichkeit zivilrechtlicher Ansprüche erwähnt, konkrete positive Feststellungen aber nicht enthält.“
Eine solche Aussage kann schlicht und ergreifend nur als Zünden einer Nebelkerze gewertet werden und hilft bestenfalls , einfache Gemüter tendenziell zu beeinflussen.
Richtig ist, dass es nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft war, eventuelle zivilrechtliche Haftungsansprüche überhaupt zu bewerten.
Dass sie den zuvilrechtlichen Aspekt in diesem Fall dennoch thematisiert hat, ist ein außergewöhnlich starker Hinweis darauf, dass sie sehr wohl positive Ansätze für ein solches Schadensersatzverfahren sieht.
Den für die Verursacher der millionenschweren Kostenüberschreitung erlösenden und finalen Befreiungsschlag landet der Anwalt dann in seinem dritten , sehr kurz gehaltenen Statement vom 06.07.2018 mit dem folgenschweren Satz „......sehe ich für eine zivilrechtliche Haftung der am Bauvorhaben Beteiligten keine Grundlage“.
Wie der Anwalt zu dieser Bewertung gekommen sein will, ist weder erkennbar noch nachvollziehbar.
Eigene ernsthafte Recherchen ...außer der Lektüre des Abschlussberichtes der Staatsanwaltschft...sind uns nicht bekannt. Augenscheinlich erschöpft sich der Großteil des Kontaktes zwischen Stadtdirektor und Anwalt auf Telefonate oder E-Mail Anfragen .
Unerwähnt bleibt, dass eben dieser Anwalt „die am Bauvorhaben Beteiligten“ im Rechtstreit Stadt Esens / Seele/Garcia im Schadensprozess vor dem Landgericht Aurich vertreten hat und folglich auch von eben diesen Personen ordentlich bezahlt worden ist.
Unerwähnt lassen dieser Anwalt und natürlich der plötzlich ungewöhnlich umtriebige Stadtdirektor , dass selbst das Landgericht Aurich festgestellt hat, dass „der Kurverein mit erheblichen Zusatzwünschen das seine zur Budgetüberschreitung beigetragen hat“.
Ob der Anwalt mit Blick auf die widerstreitenden Interessen und aufgrund seiner Mandatstätigkeit für die Stadt und somit für die verantwortlichen Vorstandsmitglieder, Verwaltungsbeamte und Ratsmitglieder überhaupt zu diesem Komplex hätte beratend tätig werden dürfen, werden wir selbstverständlich noch bei der Anwaltskammer klären lassen.
Dennoch :
Es wird wohl wieder darauf hinaus laufen, dass auch in diesem Fall...... mit Blick auf die von Parteigenossen dominierte Kreisverwaltung .... die gerade von den Altparteien so häufig zitierten Werte unseres Rechtstaates parteipolitischen Zwängen untergeordnet werden und politische Seilschaften am Ende wieder über Anstand , Moral und Recht triumphieren.
Diesen Schluss lässt zumindest der vom Stadtdirektor formulierte abschließende Satz in der Sitzungvorlage zu : „Die Kommunalaufsicht wurde über die jeweiligen Bewertungen des städtischen Anwalts informiert und hat diese zur Kenntnis genommen. “
Da hilft einem nur noch eine gehörige Portion Humor und zur Entspannung etwas zum Schmunzeln.
Und wer außer dem Chef- Ideologen und Lenker der Esenser Sozialdemokraten ( einschl. der Grünen) , ausgestattet mit dem gerichtlich attestierten Hang zur Rechtsuntreue, könnte dazu einen besseren Beitrag leisten ?
„ Rechtliche Vorgaben müssen eingehalten werden.Und darauf achten wir“,
verkündete jüngst puplikumswirksam kein Geringerer als Fokko Saathoff.
Ja, Sie lesen richtig und haben auch nichts an den Augen...dieser Satz stammt tatsächlich von diesem Herrn , dokumentiert im „Harlinger“ vom 14.September 2018 in einem Pressebericht unter der Schlagzeile „Bauausschuss stimmt Sondergebiet zu“
Bleiben Sie heiter, irgendwie ! ( geliehen bei Maybritt Illner )