Rückblick
Rückblickend auf die Jahre 2012 und 2013 stelle
ich bilanziernd fest, dass viele
gute Ansätze letztendlich immer wieder an der in der Regel starren und
kompromisslosen Haltung der Fraktion der SPD/Grüne im Esenser Stadtrat gescheitert sind.
Dabei schien zu Beginn der jetzigen Ratsperiode mit den neuen
Ratsmitgliedern auch ein neuer und offener Geist in das Gremium
eingezogen zu sein.
So gelang es z.B. mit Unterstützung von
BfB und EBI, den Rat , also auch die SPD und die Grünen, davon zu überzeugen, dass der vom “alten Rat “
verabschiedete Beschluss, die städtischen Altenwohnungen zu verkaufen, in jeder Hinsicht falsch gewesen sei.
In einem gemeinsamen interfraktionellen Arbeitsausschuss , allerdings
ohne Mitarbeit des FDP-Ratsmitgliedes Kröger, konnte ein Paradigmenwechsel
in der weiteren Verfahrensweise im Umgang mit den vorhandenen
76 stadteigenen Altenwohnungen eingeleitet werden.
Einstimmig verabschiedete der Rat am 16.07.2012 , die Altenwohnungen in eigener Zuständigkeit zu sanieren, falls notwendig und wirtschaftlich geboten, auch durch Neubauten zu ersetzen.
Damit war der alte Beschluss, die Altenwohnungen an Privatinvestoren zu verkaufen,
vom Tisch und ein Planungsbüro konnte beauftragt werden ,entsprechende Planunterlagen für die Sanierung der Wohnungen sowie
Kostenschätzungen zu erarbeiten und vorzulegen.
Eine weitere überparteiliche
Arbeitsgruppe bereitete auf Initiative
und unter Leitung von Birgitt Hedlefs (EBI) eine für Esens längst überfällige Gestaltungssatzung
vor, allerdings wieder
ohne jede
Mitwirkung des FDP Ratsmitgliedes Kröger.
Diese Aktivitäten der “Opposition” trafen die Ratsmehrheit der SPD/ Grüne wohl derart ins Mark, dass ab diesem Zeitpunkt “Schluss mit lustig “ und die Leidens- und Toleranzgrenze der Mehrheitsfraktion scheinbar überschritten war.
Fortan wurden alle Anträge der Ratsminderheit erbarmungslos abgebügelt .
Vergessen war, dass die Wähler bei der Kommunalwahl 2011 ein “weiter so “nicht gewollt und folgerichtig die jahrzehntelange absolute Mehrheit der SPD abgewählt hatten.
Diesen Machtverlust machte die SPD allerdings schnell wieder wett, indem sie
die Grünen ins Boot holte, belohnt mit dem Titel des Vizebürgermeister für den Frontmann Martin Mammen.
Damit waren die alten Machtverhältnisse wieder gerade gerückt und jede
unliebsame Einmischung neuer Ratsmitglieder konnte somit
weitestgehend verhindert werden.
Die Versprechungen im Wahlkampf, künftig transparent und für jeden Bürger nachvollziehbare Politik zu machen, waren und sind Schnee von gestern und zählen schon lange nicht mehr.
Das Esenser Geschäftsmodell “Demokratie light ” lebt also weiter.
Es ging und geht in Esens nicht um die von
uns neuen Ratsmitgliedern
mehrfach angemahnte gemeinsame Verantwortung für diese Stadt und um sachliche Zusammenarbeit, sondern ausschließlich um die Demonstration und
Ausübung der Mehrheitsmacht.
Einer demokratischen und einvernehmlichen Suche
nach Lösungswegen für
unsere nicht unerheblichen städtischen Probleme entzieht sich die Fraktion der SPD/Grünen permanent, stattdessen setzt sie auf die Diktatur der
Mehrheit
.So wurden nicht nur
berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Ratsvorlagen und -beschlüssen bedenkenlos vom Tisch gefegt, auch sachliche und inhaltliche Fehler in Vorlagen der SPD/Grüne wurden gegen jede Kritik verteidigt und mit der
Ratsmehrheit durchgeboxt.
Das gilt sowohl für die Bereiche des Haushaltes, des Übergangs des Kurvereins in einen kommunaleigenen Betrieb, der Entlastungsstraße Bensersiel als auch für die tägliche allgemeine Ratsarbeit.
Gegenanträge wurden ignoriert und erst auf beharrlichen Druck überhaupt in
die
Diskussion eingebracht.
Welche wesentlichen Themen haben uns in der zurückliegenden Zeit im Rat und den Ausschüssen beschäftigt und welche Ergebnisse wurden letzendlich
erreicht?
Die von mir beantragte Liberalisierung der Baulandbevorratungspolitik und die Einrichtung eines Baulückenkatasters wurden von der Mehrheitsfraktion abgelehnt
Das gleiche Schicksal ereilte die von mir überarbeiteten Vergaberechtlinien für stadteigene Baugrundstücke, mit der Zielsetzung, mehr Rechtssicherheit und ein Mindestmaß an Gleichbehandlung aller Bewerber zu erreichen.
Die “regierende” Ratsfraktion wollte keine “Bevormundung” von außen und versuchte, in vier untauglichen Versionen selbst Richtlinien zu entwerfen.
Als sie feststellen musste, dass diese allesamt nicht brauchbar waren, wurde der letzte Versuch kurzerhand in Kriterien “umgetauft” und beschlossen.
Von Rechtssicherheit und somit einer Grundlage zur Gleichbehandlung
aller
Anträge sind diese “Kriterien “ weit entfernt !!!
Der Antrag unserer Gruppe, den seit Jahren
geführten Rechtsstreit in der Angelegenheit der kommunalen
Entlastungsstraße Bensersiels mit einem bisher verursachten finanziellen Schaden in Millionenhöhe für die Bürger unserer Stadt durch eine gütliche und außergerichtliche Einigung mit dem klagenden Eigentümer zu beenden, wurde aus Gründen , die sich mir noch nicht
vollständig erschließen, gleichfalls verworfen.
Ziel des Antrags war, den Bürger vor zu erwartenden weiteren finanziellen Belastungen zu bewahren.
Stattdessen wurde durch die Aufstellung neuer Bebauungspläne der Grundstein für neue und mit hohen Kosten verbundene Streitverfahren gelegt . Darüber hinaus besteht jetzt das Risiko, dass der Ortskern Bensersiels bei Bedarf nicht erweitert werden kann.
Siehe auch den Artikel zu diesem Thema.
Unser Antrag ,mit der für 2013 vorgesehenen Sanierung der Altenwohnungen so schnell wie möglich zu beginnen, blieb leider auch erfolglos.
Im Haushalt der Stadt waren dafür zweckgebunden für das Jahr 2013 fünfhunderttausend Euro eingestellt.
Kostenschätzungen und Baupläne waren bereits Mitte des Jahres erstellt und es bedurfte nur noch einer Ausschreibung und der Auftragsvergabe .Die Mehrheitsfraktion weigerte sich, unserem Antrag zu folgen mit dem Hinweis auf die unkalkulierbaren Risiken, die mit der Übernahme des wirtschaftlichen Teils des KV verbunden sind (auf diese Risiken hatten wir seit Jahren hingewiesen. Dass gerade diejenigen Personen sich auf diese Argumente zurück ziehen, die maßgeblich für das finanzielle Fiasko verantwortlich sind, grenzt schon an Ironie).
Dabei ließ die Mehrheitsfraktion auch außer acht, dass die Bewohner seit Jahren und Jahrzehnten treu und brav die Miete gezahlt hatten, aber im Gegenzug zu keinem Zeitpunkt die immer größer werdenden Mängel an den Wohnungen auch nur ansatzweise behoben wurden.
Die Mieteinnahmen versickerten an anderer Stelle. Manche Wohnungen sind inzwischen schlichtweg in
einem
menschenunwürdigen Zustand.
Auch wird ignoriert, dass die Stadt für die Sanierung Zuschüsse und zinslose Darlehen erhalten hätte.
Durch die Wertsteigerung der Liegenschaften nach erfolgter Sanierung hätte das Vermögen der Stadt sogar gesteigert werden können.
Die Kosten, die seitens der Stadt tatsächlich zu schultern gewesen wären, hätten problemlos aus den Mietzahlungen
der Bewohner finanziert werden können.
Die ganze Angelegenheit hat meines Erachtens nach nicht nur einen
finanziellen Aspekt, sondern viel mehr einen
sozial-ethischen gegenüber den ohnehin benachteiligten
Mitbürgern unserer Stadt.
Es fehlte schlicht und ergreifend am guten Willen.
Unsere dringende Aufforderung, gemeinsam einen Weg aus der verfahrenen Situation zu suchen , wurde im Keim erstickt.
Es gäbe noch sehr viel mehr ähnlich gelagerter Vorgänge aufzuzählen.
Der Übersicht halber jedoch möchte ich an dieser Stelle darauf verzichten.
Was sollte verändert und möglicherweise verbessert werden ?
Ein Riesendefizit sehe ich in der nicht immer optimalen Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, sprich Stadtdirektor, und der Ratsvertretung (erfreulicherweise dürfen wir in jüngster Zeit eine kontinuierliche Verbesserung verzeichnen).
So vermisse ich weitestgehend eine umfassende und sachorientierte Information im Vorfeld von Sitzungen der
verschiedenen Ausschüsse und des Rates selbst.
Gerade bei schwierigen Sachverhalten wie z.B. bei der Interpretation von Gesetzestexten oder gar von Gerichtsbeschlüssen mit juristischen Formulierungen, fehlt es an der nötigen Hilfestellung durch die Verwaltungsfachleute.
Bei näherer Betrachtung muss ich jedoch auch fairerweise zugestehen, dass dieser Mangel in weiten Teilen nicht einseitig dem Stadtdirektor anzulasten ist.
So stelle ich mit Bedauern fest, dass viele Ratsmitglieder wenig Interesse an einer eingehenden Einarbeitung in
schwierige Sachverhalte zeigen, zumal damit logischerweise auch ein erheblicher Zeitaufwand verbunden wäre.
Um das durch das Desinteresse oder auch Unvermögen von einigen Ratsmitgliedern entstehende Vakuum zu kompensieren, bleibt dem SD notgedrungen mitunter keine andere Wahl, als eigenmächtig Entscheidungen zu treffen bzw. zu präjudizieren, um überhaupt bestimmte Vorgänge voran zu treiben.
Es fehlt darüber hinaus an einer fruchtbaren Streitkultur.
Wirkliche Probleme werden so gut wie nie ausdiskutiert.
Sobald eine Debatte etwas länger dauert oder gar den Vorgaben der Mehrheitsfraktion zuwider läuft, wird konsequent die Geschäftsordnung bemüht und ein Ende der Debatte beantragt und mit eigener Mehrheit beschlossen.
So kommen auf autokratische Weise Beschlüsse zustande, die weder auf ihren Sachinhalt noch auf deren Rechtmäßigkeit sorgfältig und verantwortungsvoll überprüft und bewertet worden sind.
Wortbeiträge werden zur Kenntnis genommen, selten jedoch in Entscheidungsfindungen einbezogen und für anstehende Beschlüsse verwertet.
Das Gegenteil ist eher der Fall.
Die Regel ist, dass die Mehrheitsfraktion der SPD/Grüne zeitlich vor den jeweiligen Ratssitzungen oder Ausschusssitzungen eine Fraktionsbesprechung ansetzt, in der allen Ratsmitgliedern dieser beiden Parteien die Marschrichtung vorgegeben wird.
Von der Parteiführung abweichende Meinungen werden nicht zugelassen ,obwohl jedes gewählte Ratsmitglied nach der Verfassung, auf die es nach seiner Wahl in die Vertretung auch eingeschworen wurde, nur dem Bürger und seinem Gewissen verpflichtet ist.
Einen wie in Esens praktizierten Fraktionszwang sieht die Niedersächsische Kommunalverfassung nicht vor.
Das hat zur Folge, dass die Mehrheit der Mitglieder der SPD/Grünen-Fraktion in der Regel keine eigene und selbstbestimmte Meinung vertritt, sondern sich kritiklos der Entscheidung der Parteioberen unterwirft.
Dabei übersehen diese Ratskollegen , dass Ihnen keiner die persönliche Verantwortung abnehmen kann, auch nicht die Vordenker und Wortführer der Fraktion.
Erfreulich:
bei einigen für die Zukunft unserer Stadt eminent wichtigen Entscheidungen regten sich in jüngster Vergangenheit doch, wenn auch noch zaghaft, bei einigen Ratsvertretern der Mehrheitsfraktion Zweifel und Misstrauen an der vorgegebenen Parteilinie.
Das macht Hoffnung !
Die Arbeit der Neuen CDU/FDP Fraktion möchte ich gar nicht erst weiter kommentieren.
Das ist auch schon deshalb nicht möglich, weil sie bislang kein einziges eigenes
Vorhaben entwickelt und einbracht
hat.
In der Regel stimmt diese Fraktion allem zu. Für sachlich kontroverse Diskussionen fehlt es ihr wohl an der Vorstellung eigener Alternativen und an der nötigen Kompetenz.
Mitunter habe ich den Eindruck , dass sie Sachverhalte und Zusammenhänge überhaupt nicht verstanden hat.
Ich bin überzeugt, dass die Bürger sich längst ihr eigenes Urteil über diese „hyperaktiven“ Ratsmitglieder gebildet haben.
Mein Vorschlag zur Verbesserung der jetzigen Situation:
Alle im Rat vertretenen Fraktionen und Gruppen sollten sich von parteilichen und fraktionellen Zwängen befreien und im Vorfeld angestrebter Vorhaben und Programme das Gespräch mit allen Ratsmitgliedern suchen.
Die Zugehörigkeit zu einer Partei sollte bei der Bewältigung der Probleme in unserer kleinen Stadt keine Rolle spielen.
In nicht offiziellen Gesprächsrunden ohne formale Reglementierungen könnten vertiefende und ausschließlich sachorientierte Erörterungen stattfinden in der gemeinsamen Verantwortung für unsere Stadt und deren Bürger.
Das seit Jahren beschädigte Ansehen unserer Kommune könnte wieder aufpoliert werden, wenn wir es schaffen, als Rat künftige Vorhaben mit einer Stimme nach außen hin zu präsentieren und zu vertreten.
Den Anstoß dazu hatte RM Nerschbach mehrfach gegeben.
Leider hat sich die Mehrheitsfraktion der SPD/Grüne nach zwei solcher vorbereitenden Gespräche wieder ausgeklinkt.
Die neue CDU/FDP ist gar nicht erst erschienen.
Bleibt zu hoffen, dass das neue Jahr 2014 die Einsicht und das Verantwortungsbewusstsein einiger Kommunalpolitiker erweitern bzw. verändern möge.
Mehr Gemeinsamkeit erscheint mir umso notwendiger, als in diesem Jahr immense Aufgaben auf uns warten, die wir nur im Konsens und in gegenseitigem Vertrauen lösen können.