Zwar überrascht mich die Vorliebe der Auricher Staatsanwaltschaft zur Einstellung von Strafverfahren nicht sonderlich, dennoch stellt sich mir die Frage, ob sie in diesem Fall möglicherweise die Tragweite ihrer Entscheidung und die damit verbundene Brisanz verkannt hat....oder ob es schlicht und ergreifend nur um Arbeitsvermeidung ging.
Meines Erachtens schickt die Staatsanwaltschaft damit ein verheerendes Signal in die ohnehin politisch aufgeheizte Gesellschaft...und stellt unfähigen und Rechtsnormen missachtenden Politikern obendrein schon mal als potentiellen Nachahmetätern einen Persilschein für künftige Rechtsverstöße aus.
Wie im Detail begründet die StA nun diesen Beschluss ?
Das Verfahren gegen den beschuldigten Gemeindearbeiter wurde lt. Staatsanwaltschaft gem. § 170 Abs. 2 StPO ( Einstellung mangels hinreichendem Tatverdacht ) beendet, „ da er weisungsgemäß und ohne Vorsatz bezüglich etwaiger Abfalleigenschaften handelte.“
Selbst ohne jede Rechtskenntnis muss einem eine solche Begründung für die Einstellung des Verfahrens mehr als verwunderlich erscheinen.
Wenn man dann noch die Rechtsstellung des Gemeindearbeiters als Ratsherr beleuchtet, sei ein Hinweis auf den § 54 des NKomVG erlaubt.
„ Die Mitglieder der Vertretung üben ihre Tätigkeit im Rahmen der Gesetze nach ihrer freien , nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl geleiteten Überzeugung aus“.
Von einer weisungsgebundenen Arbeit kann also nicht die Rede sein,vielmehr hätte der Ratsherr in Personalunion mit dem Gemeindearbeiter eine etwaige Weisung des Bürgermeisters als rechtswidrig erkennen , den BM darauf aufmerksam machen und letztendlich das Verscharren des Asphalts im Waldboden verweigern müssen.
Jeder verständige Bürger unseres Staates hätte den Unrechtscharakter eines solchen Vorgehens erkannt und sich gesetzeskonform verhalten.
Ohne Zweifel darf man in unserer aufgeklärten Gesellschaft bei diesem einfach zu verstehenden Sachverhalt von jedem verantwortungsbewussten Bürger ein Unrechtsbewusstsein erwarten...dies gilt umso mehr für Amtsträger, die dem Rechtsstaat in besonderem Maße verpflichtet sind.
Ihnen kommt nach meiner Überzeugung aus dem übernommenen öffentlichen Mandat sogar eine Vorbildfunktion zu.
Der staatsanwaltschaftlichen „Vergebung“ und der Erteilung der Absolution für den Trecker fahrenden Ratsherrn steht im Übrigen auch das Urteil des BGH vom 14. 06. 1984 entgegen, in dem höchstrichterlich festgestellt wird, dass es für die Beurteilung des Sorgfaltsmaßstabs auf die Kenntnisse und Einsichten ankommt, die für die Führung des übernommenen Amtes im Durchschnitt erforderlich sind, und nicht auf die Fähigkeiten, über die der Ratsherr verfügt.
So viel zum nunmehr von jeder Schuld befreiten Ratsherrn und Gemeindearbeiter....
Aber es kommt noch dicker.
„ Hinsichtlich des Bürgermeisters ist von der Verfolgung abgesehen worden, weil die Schuld als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht ( § 153 Abs. 1 S. 1 StPO). Auch wenn die Amtsstellung ein solches indizieren könnte, kommt es doch in erster Linie auf das persönliche Verschulden an. Hier fehlt es schon an einer objektiv feststellbaren und für den Beschuldigten erkennbaren Umweltgefährdung durch das Lagergut. Dieses ist inzwischen auch vollständig beseitigt, wie der Landkreis bestätigte, so dass ein Schaden auch ausgeschlossen ist. Vorstrafen sind nicht vermerkt. Es ist schließlich anzunehmen, dass die Unannehmlichkeiten des Ermittlungsverfahrens eindrucksvoll vor Wiederholungen gewarnt haben.
Ich habe deshalb von der weiteren Verfolgung der Straftat mit Zustimmung des zuständigen Amtsgerichts abgesehen.“
So die die unglaubliche Diagnose der zuständigen Staatsanwältin.
Wenn man das gelesen hat , muss man sich zunächst einmal wieder sammeln, bevor man einen klaren Gedanken fassen kann.
Neu gefestigt möchte ich die von der Staatsanwältin genannten „Entlastungsargumente “etwas näher betrachten.
„Geringe Schuld, kein öffentliches Interesse an der Verfolgung“ ?
Wer stellt das Vorhandensein des öffentlichen Interesses fest , wer die Schwere der Schuld ? Warum dann eine Pressekonferenz, wenn kein Interesse der Öffentlichkeit vorliegt ?
Fehlt es der STA tatsächlich derart an politischer Sensibilität und dem nötigen Fingerspitzengefühl ?
Wurden bei der Bewertung der Schwere der Schuld die permanenten Lügen und Ausflüchte des Bürgermeisters außen vor gelassen, ebenso wie die Beschimpfung von Bürgern, die die Straftat aufdeckten ?
Hat nicht jeder Bürger und Wähler sehr wohl ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, wie der von ihm mit einem Vertrauensvorschuss in ein öffentliches Amt gewählte Ratsherr oder Bürgermeister seinen Pflichten nachkommt..... und ob er sich dabei an Recht , Gesetz und Moral orientiert ?
Da ich weiß, wie groß das Interesse am Moorweger Bürgermeister tatsächlich ist, seien ... auch zur Erinnerung an die Abfolge des Geschehens.... folgende Links empfohlen : http://www.oz-online.de/-news/artikel/164887/Ermittlungen-wegen-Asphaltresten-im-Wald
http://www.holtgast-ostfriesland.de/?p=1661#more-1661
Das Beste aber kommt noch.
Die StA muss wohl erkannt haben, dass bei diesem Bürgermeister ohnehin Hopfen und Malz verloren ist.
So stellt sie folgerichtig fest, es fehle ihm einfach nur an der „objektiv feststellbaren“ Fähigkeit, eine Umweltgefährdung auch als solche zu erkennen.
Also doch.... „Kindersendungen anzusehen ist sicherlich angenehmer“ folgert die Redakteurin maliziös , aber messerscharf.......und einfacher zu verstehen , möchte ich ergänzen.
Und weil das so ist, kommt Mitleid hoch mit dem so arg benachteiligten Bürgermeister und Wattebäuschen werden ausgepackt.
„Unannehmlichkeiten“ habe man dem Sünder durch die Ermittlungsarbeiten bereitet, stellt die StA schon fast bedauernd fest und folgert weiter, dass diese den Umweltsünder „eindrucksvoll“ vor Wiederholungen warnen werden.
Wie süß !!! fehlt nur noch die amtliche Überweisung zum Psychiater.
Wäre die Angelegenheit nicht so ernst, man könnte das alles als weitere Posse um den Moorweger „Münchhausen“ abtun...... jetzt sogar mit staatlicher Prädikatisierung.
Wahrscheinlicher jedoch ist nach meiner Einschätzung, dass dieser unrühmliche Ausgang des Umweltfrevels Schule macht und so manchem Kommunalpolitiker künftig die Rechtfertigung bieten wird, sowohl gesetzliche als auch moralische Verpflichtungen , die ihnen ihr Ehrenamt auferlegt, leichtfertig zu vernachlässigen.
Vielen ohnehin in öffentlicher Kritik stehenden Kommunalpolitikern dürfte dieser „Freibrief“ sehr gelegen kommen...und das kann die Staatsanwaltschaft Aurich mit der aus meiner Sicht grenzwertigen Entscheidung zur Einstellung des Verfahrens nun wirklich nicht gewollt haben.
Ein letzter , wenn auch nur schwacher Trost : In ihrem letzten Satz zur Begründung der Einstellung nennt die Staatsanwaltschaft dennoch , vielleicht auch ungewollt, die Dinge beim Namen.
„Ich habe deshalb von der weiteren Verfolgung der Straftat mit Zustimmung des zuständigen Amtsgerichts abgesehen“ !
Immerhin... eine Straftat setzt der Logik folgend auch das Vorhandensein eines Straftäters voraus.....zwangsläufig stellt sich jetzt die Frage , wie die CDU Esens mit diesem bemitleidenswerten aber politisch unhaltbaren Bürgermeister und Vorsitzenden des Samtgemeindeverbandes umgehen wird.
Auch wenn Herr Schröder strafrechtlich noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein scheint , wäre es dem Bürger nicht mehr zu vermitteln, ihn weiterhin in seinen politischen Ämtern zu belassen .
(Nebenbei bemerkt : Zwischenzeitlich hat ein Dipl.Ing.agr. in der Sache beim LK Wittmund eine Ordnungswidrigkeitsanzeige nach dem BNatSchG gestellt)
Sollte die Esenser CDU ihn also...unbeeindruckt von den bisherigen Skandalen.... sogar für die diesjährige Kommunalwahl als Kandidaten nominieren , würde dies das endgültige Aus für diese ohnehin seit Jahren politisch wirkungs- und bedeutungslose Partei bedeuten..
Dringend gefordert ist jetzt die m.E. einzig noch verbliebene Autorität ...politisch und fachlich.... in der Esenser CDU - Führungsriege, der stellvertretende Vorsitzende des SG – Verbandes, Johann Pieper .
Er allein hat die notwendige Kompetenz und politische Kraft zu Veränderungen.
Er müsste handeln und die dringend notwendigen Konsequenzen ziehen...
....vielleicht gelingt dann mit neuen Gesichtern und verantwortungsbewussten Kandidaten der längst überfällige Neubeginn.