Zur Sache :
Die o.g. „interfraktionelle“ Ratssitzung...was immer auch darunter zu verstehen sein mag...natürlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit ...sollte genutzt werden, um einen von der Verwaltung erstellten Entwurf des Haushaltsplanes 2015 und Folgejahre ..unter besonderer Beachtung der prekären Situation um den Tourismusbetrieb Esens-Bensersiel ( TEB) formlos ( also ohne die strengen Regularien einer formellen Ratssitzung ) innerhalb der Ratsmitglieder, d. h. auf der politischen Ebene, zu erörtern und zu diskutieren.
So zumindest hatten wir uns das vorgestellt.
Es kam aber , wie nicht anders zu erwarten, wieder einmal ganz anders.
Wie in den Vorjahren stellte der Kämmerer den Entwurf vor.... in der durchaus verständlichen Erwartung..... dass sich das Procedere wie seit Jahren üblich fortsetzen werde und die Ratsmitglieder mangels erforderlicher Fachkenntnisse wie gewohnt, die vorgetragenen Zahlen kritiklos abnicken würden.
Wegen der hinlänglich bekannten angespannten finanziellen Situation um den Stadthaushalt, weiter verschärft durch die unverantwortbare Gründung des Touristik - Eigenbetriebs, hatten Arno Nerschbach und ich beantragt und vorgeschlagen, die Gelegenheit zu nutzen, um, losgelöst von Formalien, problembezogen und Themen übergreifend, an eine längst überfällige Konsolidierung des Stadthaushaltes heran zu gehen.
Nach unserer festen Überzeugung ist ein seriöser Haushalt nur machbar unter ganzheitlicher Betrachtung aller Schwachstellen , mit dem Ansatz , strukturelle, fachübergreifende und grundsätzliche Lösungsansätze zu suchen und zu realisieren.
Dazu wären allerdings vertiefende Erörterungen und Diskussionen der jeweils in Relation zueinander stehenden Fach- und Themengebiete notwendig....zwangsläufig auch mit einem erhöhten Zeitaufwand verbunden.
Unsere entsprechenden Beiträge, Nachfragen , Hinweise auf Zusammenhänge und Reflexionen zu unterschiedlichen Haushaltsansätzen , Warnungen hinsichtlich noch zu erwartender Risiken in z. B. der Angelegenheit der kommunalen Entlastungsstraße Bensersiel sowie der ungeklärten Situation des nicht finanzierbaren Eigenbetriebes TEB (um nur einige der vielen „Knackpunkte“ des Haushaltsentwurfes zu nennen ) brachte schließlich den bis dahin zurückhaltenden Fraktionssprecher der SPD/ Grünen „auf die Palme“.
Nicht etwa, dass er sich fachlich in die Diskussion einbrachte ...ihm machte vielmehr Sorge, dass der Abend zu lang werden könne.... „ da sitzen wir ja noch stundenlang hier, heute sollten nur die Zahlen vorgestellt werden“.
Auf meinen Einwurf, dann solle er doch nach Hause gehen, kam die Antwort : „Ja, das werde ich auch , um neun Uhr gehe ich nach Hause. “
Damit nicht genug.
Völlig genervt von der für ihn unerträglichen...vermutlich wohl auch nicht nachvollziehbaren.... Sachdiskussion, übte er, statt an der Lösung der reichlich vorhandenen Probleme mitzuwirken, ...völlig am Thema vorbei und fern jeder Sachlichkeit..... strenge Kritik an meiner Ausdrucksweise, als ich den Haushaltsentwurf des TEB als „ geschönt“ bezeichnete.
Trutzig und schützend verteidigte er in staatstragenden Worten die Unantastbarkeit des Beamten Hormann , der doch einen Diensteid abgelegt habe.
Dass ich mit dem von Herrn Saathoff so vehement beschützten Beamten seit Jahren ein gutes, ja, fast freundschaftliche Verhältnis pflege, und dieser sich nach eigenem Bekunden auch durchaus nicht persönlich angegriffen fühlte, konnte den SPD Politiker in seiner Moraltirade nicht bremsen … da fehlte es wohl an der Fähigkeit , sachlich - ironische Formulierungen und zwischenmenschliche Signale richtig zu interpretieren...und : mit solch inhaltslosen Phrasen entzieht man sich allerdings geschickt einer fach- und problembezogenen Diskussion.....und kommt auch ohne jede Sachkenntnis über die Runden..
So viel zum Beitrag des Fraktionsführers der Mehrheitsfraktion im Ringen um einen tragfähigen und verantwortungsvollen Haushalt 2015 für unsere Stadt Esens.
Natürlich könnte man solche Auftritte des Hobby-Politikers mit einem mitleidigen Lächeln abtun... wenn nicht so viel für unsere Stadt auf dem Spiel stünde.
Bei dem arbeitsunwilligen Ratsmitglied handelt sich darüber hinaus auch nicht um irgendjemand, sondern immerhin um den Sprecher der Mehrheitsfraktion ...und bei der Aufstellung des Haushaltsplanes zweifellos um die Königsdisziplin parlamentarischer Arbeit .
Wenn man dann noch berücksichtigt, dass mit dem Haushalt die Weichen für die zwingend notwendige Weiterentwicklung unserer Stadt für die nächsten Jahre gestellt werden, dürfte das vom Fraktionssprecher demonstrierte „Verständnis “ von verantwortlicher Ratsarbeit nicht länger tolerierbar sein....
Dennoch folgt ihm die Fraktion der SPD/ Grünen blind und ohne Murren.....das ist der eigentliche Skandal.
Ein wahrhaft schlechter Auftakt der Haushaltsbesprechungen....es ist einfach nur noch zum Verzweifeln..... und macht wenig Hoffnung für die Zukunft.
Sicher ist jedenfalls : mit solch einer Einstellung ist kein Blumentopf zu gewinnen und Esens wird wohl weiter orientierungslos und ohne jede Zukunftsperspektive vor sich hin dümpeln....
Von einer stringenten Strategie oder einem klar gegliederten Haushalts - und Wirtschaftskonzept keine Spur !
Welches greifbare und sachlich bewertbare Ergebnis hat die interfraktionelle Ratsbesprechung also gebracht ?
Kein einziges von uns vorgetragenes Problem wurde zu Ende diskutiert.... geschweige denn gelöst....alle Verbesserungsvorschläge wurden von der Mehrheitsfraktion geblockt und zurück in die Ausschüsse bzw. die Fraktionen verwiesen.
Die Absicht dürfte klar sein...alles soll beim Alten bleiben...wie immer : irgendwie durch wursteln... Entlastungsstraße und TEB lassen grüßen!
Die uns auf den Nägeln brennende weitere Entwicklung in Sachen TEB, insbesondere mit Blick auf die zusätzlichen Aufwendungen allein im Personalsektor von mindesten 588.000,-Euro pro Jahr wurde nicht einmal angesprochen...!!!!! dafür aber die Sitzung pünktlich um 21.00 Uhr geschlossen.... !!!!
Muss das noch kommentiert werden? Wir bleiben dran!!!
Nach der Verabschiedung der Haushaltssatzung werden wir noch ausführlich berichten und uns natürlich auch in der entsprechenden öffentlichen Sitzung des Rates der Stadt zu gegebener Zeit zu Wort melden.
Dennoch vorab einige Eckdaten:
Der ( ordentliche) Gesamthaushalt der Stadt wird 2015 einen Umfang von 6. 604. 800,- Millionen Euro aufweisen, bei einem Schuldenstand von knapp 3 Millionen €.
Der jährliche Schuldendienst beträgt 222.300,- €, davon entfallen 82.200,- € auf Zinsen, 140.100,- € auf die Tilgung.
220.000, - Euro muss die Stadt jährlich aufbringen, um jetzt schon absehbare Verluste des Eigenbetriebs TEB kommender Jahre auszugleichen.
Weitere 500.000,- Euro hält die Stadt vor, um für den TEB die noch zu entrichtende Grunderwerbssteuer zu zahlen.... so will es ein Ratsbeschluss .
Dieser veranschlagte Betrag kann sich möglicherweise um bis zu 200.000,- € erhöhen.
600.000,- Euro sind eingeplant für einen ersten Schritt zur längst überfälligen Sanierung der städtischen Altenwohnungen.... endlich möchte man sagen.
Die dafür notwendige Ausschreibung soll kurzfristig durchgeführt werden.....für mich das lang ersehnte Highlight in diesem Jahr.
Das kann nach meiner Meinung allerdings nur ein Anfang sein, weitere Maßnahmen müssen zwingend und zeitnah folgen.
Eine Bewertung des Gesamt - Haushaltsentwurfs ist derzeit natürlich noch nicht möglich.
Es bleibt abzuwarten , wie der Rat u.a. mit folgenden finanziell bedeutsamen Problemfeldern umgeht:
SG – Betriebshof ( der allein mit rund 700.000,- € Kosten im Stadthaushalt zu Buche schlägt bei Gesamtbetriebskosten von ca. einer Million Euro ) .
Kostengünstigere Alternativen müssen untersucht werden, so wie bei vielen der ländlichen Mitgliedsgemeinden längst geschehen.
Eigenbetrieb TEB ; ( zwingend notwendige Änderung der Rechtsform in eine GmbH). Eine Beibehaltung der Fehlentscheidung zur Gründung des Eigenbetriebs würde die Stadt auf Jahre haushalterisch lähmen und und für künftig notwendige Investitionen handlungsunfähig machen
Die diffuse Personalkostenerstattung an die SG in Höhe von sage und schreibe 180.000,- € …..zusätzlich zur ohnehin pauschalen Zahlung von 1.392.800, - € …. muss ab 2015 sofort entfallen, dafür sollten zwei qualifizierte Mitarbeiter für die Stadt eingestellt werden.
Diese könnten unverzüglich damit beginnen, die zwingend erforderlichen organisatorischen Umstrukturierungen voran zu treiben. Darüber hinaus wären sie Koordinator aller städtischen Angelegenheiten, Ansprechpartner für die Ratsmitglieder und Vermittler zur Samtgemeindeverwaltung........ also eine dem Stadtdirektor direkt unterstellte Stabsstelle.
Neuordnung bzw. Zusammenführung des derzeit dezentralisierten Marketings . Prüfung von möglichen Synergieeffekten durch Koordination mit anderen Mitgliedsgemeinden wie Neuharlingersiel und Werdum, möglicherweise auch über die Grenzen der Samtgemeinde hinaus;
Überprüfung aller freiwilligen Leistungen, wie z.B. der Verzicht auf Mieten und Pachten. Können wir uns noch weiterhin leisten, die Kosten für Bauunterhaltung und Betrieb fremd genutzter stadteigener Liegenschaften zu tragen?
Überprüfung der derzeitigen Gebietsorganisation Samtgemeinde auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu einer Einheitsgemeinde.
Natürlich ein längerfristiges Projekt; das dürfte aber kein Grund dafür sein, die Gesprächsbereitschaft zu diesem Thema zu verweigern... bei allem Verständnis um die Befindlichkeiten der " kleinen" Ortsbürgermeister.
Dabei verkenne ich auch nicht die zweifelsohne respektablen Leistungen einzelner Mitgliedsgemeinden wie z.B. Neuharlingersiel und Werdum , die sogar in mancher Hinsicht als Beispiel für die Stadt Esens herhalten könnten.
Es gibt viele weitere Haushaltsansätze, die noch einer eingehenden Betrachtung bedürfen...darunter auch versteckte Zuwendungen , insofern betrachten Sie die oben genannten Themenbereiche bitte nur beispielhaft.
Noch ein paar Sätze und Zahlen zum Haushalt des TEB :
Umfang des Gesamthaushaltes: 5. 309. 000, - Euro
Davon Personalaufwand : 2. 840.000 , - Euro ( m.E. zu niedrig angesetzt )
Tilgung Finanzkredite : 737.435, 52 Euro
Weitere Kosten für die Sanierung der Therme: 500.000, - Euro
Schuldenstand 01.Januar 2015 :
12.520.031, 53 Euro... dazu muss gerechnet werden das von der Stadt eingebrachte und finanzierte Stammkapital in Höhe von 1.450.000,- €.
Da der Eigenbetrieb TEB keine eigene Rechtspersönlichkeit hat, tritt die Stadt auch für dessen Schulden ein.
Das bedeutet zusammengefasst , dass die Stadt Esens derzeit für Schulden in einer Gesamthöhe von mindestens rund 17 Millionen Euro gerade stehen muss.....und das bei einem jährlichen Gesamthaushalt von nur rund 6,6 Millionen €.
Setzt man diese Zahlen in Relation zueinander, wird erst die Dimension unserer Verschuldung deutlich
Dabei sind die Risiken, die allein die Entlastungsstraße in sich birgt, noch nicht einmal berücksichtigt.
An das geplante Innenstadtkonzept, die Dorferneuerung Bensersiels , die dringend erforderliche Sanierung des Schwimmbades in Bensersiel , die weiteren Sanierungsmaßnahmen an den Altenwohnungen sowie an den abgängigen Arkaden/ Holarium mag man schon gar nicht mehr denken..... um nur die wichtigsten „Baustellen“ zu nennen.
Es kann einem angst und bange werden, wenn selbst unter solchen Umständen die Mehrheit im Rat zu keinerlei Reformen bereit ist.
Obwohl sich die Verdienste des ehemaligen Ratsherrn Staudacher um das Gemeinwohl der Stadt nach meiner Bewertung in engen Grenzen halten, hat er doch am 28.10. 2011 einmal richtig formuliert, als er schrieb, dass sich die SPD als „monolithischer Bußunterstützerblock“ mit Hilfe der „ zur appendix vermiformis mutierten Grünen“ weiter so „durchwursteln“ will.
Dazu fällt mir ein kluger Spruch Washingtons ein : „ Wenn man einen Sumpf trockenlegen will, darf man nicht die Frösche fragen“...Recht hat er.
Aber wie will man den Esenser Sumpf trocken legen, wenn die „Frösche“ im Rat die Mehrheit und somit die Macht haben, alle guten Ansätze zu verhindern?
Es bedarf also einer entschlossenen und verantwortungsvollen Opposition im Rat....und da hoffe und setze ich noch immer auf die EBI...bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt.