Die der Sitzungsvorlage ST 206/2018 beigefügte Verfügung der Kommunalaufsicht vom 21.08.2018 liest sich wie ein Einführungsreferat für Erstsemestler über die Grundlagen der kommunalen Haushaltsführung....wahrhaftig eine peinliche Lektion für die Esenser Verwaltung...aber auch für leichtgläubige und sorglose Ratsmitglieder.
( Dass diese Weisung des Landkreises seit drei Monaten im Rathaus schmort und erst jetzt den Ratsgremien vorgelegt wird , sei nur am Rande bemerkt , sagt aber eine Menge aus über die Arbeitsweise der Verwaltung. Dass darüber hinaus in der Beschlussvorlage selbst auch noch einfache handwerkliche Fehler gemacht wurden, versteht sich schon fast von selbst und ist deshalb kaum der Erwähnung wert ).
Wie hatte doch Heiko Willms, der Haushaltsexperte der Mehrheitsfraktion der SPD/Grünen, den von der Verwaltung vorgelegten Haushaltsentwurf am 18.April dem staunenden Publikum vorgestellt ?
„ Keine Steuererhöhungen und Kredite ….das ist ein guter Haushalt, der neue Akzente setzt“.
Wie abstrus eine solche Bewertung tatsächlich war, zeigt die jetzt zutage getretene Notwendigkeit, dass der Finanzausschuss in seiner letzten Sitzung am 21.November Hals über Kopf eine Kreditaufnahme in Höhe von 876.000 Euro für den TEB ( Eigenbetrieb der Stadt) beschließen musste.
Zu dem „guten Haushalt“ mit seinen „neuen Akzenten“ gibt es darüber hinaus reichlich weitere fachliche Hinweise und Belehrungen seitens der Kommunalaufsicht, die das ganze Ausmaß der dilettantischen Arbeit von Rat und Verwaltung auch auf dem Gebiet des Haushaltsrechts schonungslos offenbaren.
Nachfolgend seien der Übersichtlichkeit halber nur die wichtigsten Beanstandungen und Auflagen des Landkreises genannt.
Die vom LK bereits vorab genehmigten Kreditaufnahmen für den TEB in Höhe von 876.000,- € ( Beschluss des Rates muss noch nachgeholt werden) sowie des Höchstbetrages der Liquiditätskredite von 2.000.000 EUR dürfen nur unter der Maßgabe in Anspruch genommen werden, wenn dem Kreditbetrag investive Auszahlungen in gleicher Höhe gegenüberstehen.
Für den Haushalt der Stadt selbst hatte der LK bereits am 08.08.2018 einen Liquiditätskredit bis zur Höchstgrenze von 1.500.000,- Euro genehmigt. Jetzt stellt der LK fest, dass die Stadt mit der Festsetzung dieses Betrags in der Haushaltssatzung gegen die Bestimmungen des NKomVG verstoßen hat . Ein Höchtsbetrag von 1.100.000,- Euro wäre danach nur zulässig gewesen. Kaum zu glauben ist auch, dass es die Verwaltung lt. Landkreis trotz mehrfacher Mahnungen bis zum heutigen Tag nicht zustande gebracht hat, die Jahresabschlüsse der Jahre 2011 bis 2017 aufzustellen und vorzulegen.
Die Kommunalaufsicht stellt fest, dass der Rat unverständlicherweise überhaupt keinen Beschluss zum Wirtschaftsplan des TEB gefasst hat, schon gar nicht zur Aufnahme von Krediten
Es hagelt weiter an Kritik zu den Erfolgsplänen des TEB , die nach Darstellung des LK für die Jahre 2019 und 2020 nicht ausgeglichen sind.
Zum Finanzplan des Tourismusbetriebes listet der LK auf, dass dieser Ende 2017 Liquiditätskredite in Höhe von ca. 1,2 Millionen Euro auswies. Darüber hinaus hat die Stadt Esens den Tourismusbetrieb mit Betriebsmitteln ( die zurück gezahlt werden müssen) in Höhe von 500.000,-Euro ausgestattet. Das bedeutet, dass sich zu Beginn des Wirtschaftsjahres 2018 ein Liquiditätsfehlbetrag von 1,7 Millionen Euro ergibt. Dieser Fehlbetrag wird sich trotz der Übernahme der jährlichen Defizite des Ergebnishaushalts durch die Stadt Esens bis zum Ende des Finanzplanungszeitraums (2021) weiter erhöhen. Fest steht, dass der Tourismusbetrieb auf absehbare Zeit über keine eigenen Mittel für Investitionen verfügen wird. Der LK vermutet (wohl zu Recht), dass viele Annuitätendarlehen im Kreditbestand des TEB enthalten sind und empfiehlt stattdessen eine Umstellung auf Ratendarlehen. Darüber hinaus bemängelt der LK zum praktizierten Verfahren der Kreditaufnahmen Verstöße gegen den „Erlass über die Kreditwirtschaft der kommunalen Körperschaften“. So hat die Verwaltung bei der Aufnahme von Krediten z.B. eine Laufzeit von 25 Jahren zugrunde gelegt , obwohl die Nutzungsdauer der entsprechenden Investitionen nur 13 Jahre beträgt. Das bedeutet, die Stadt Esens tilgt entgegen jeder betriebswirtschaftlcher Seriosität noch Kredite für Anlagen, die längst abgeschrieben sind.
Zum Wirtschaftsplan der Tourismus GmbH fasst sich die Kommunalaufsicht kurz, zumal dieser nur Veranschlagungen für das Jahr 2018 enthält. Eine Vorausschau auf die finanzielle Entwicklung der folgenden Wirtschaftsjahre entsprechend der mittelfristigen Finanzplanung im kommunalen Bereich kommt gar nicht erst vor........für uns nicht wirklich überraschend.Der LK vermisst darüber hinaus zu Recht eine „größere Transparenz und zudem eine Erläuterung der Ansätze“. Unsere Einschätzung, dass die GmbH in der jetzigen Form neben einem Eigenbetrieb TEB überflüssig ist wie ein Kropf , scheint auch von der Kommunalaufsicht so gewertet zu werden.Trotz eines aufgebauschten Aufsichtsrats und eines teuren Geschäftsführers hat die GmbH nach unserer Überzeugung bis heute Ihre angestrebte Rolle nicht gefunden. Nach wie vor sind die jeweiligen Kompetenzen nicht definiert und abgegrenzt. Die GmbH ist seit ihrer Gründung im Grunde bisher weder eigenständig noch eigenverantwortlich in Erscheinung getreten.
Zur Gesamtverschuldung stellt die Kommunalaufsicht fest, dass der investive Schuldenstand der Stadt Esens einschließlich Tourismusbetrieb unter Zugrundelegung eines korrekten konsolidierten Gesamtabschlusses ( den die Verwaltung allerdings einfach nicht zustande bringt ) 13, 1 Millionen Euro beträgt , Stichtag 31.12. 2017.
Unter Berücksichtigung aller Kredite entspricht das einer Pro-Kopf-Verschuldung von etwas mehr als 2000,- Euro....vom Säugling bis zum Greis !
Zusammenfassend bewertet der Kreis die finanzielle Situation des TEB hinsichtlich der zu erwartenden Entwicklung der Liquidität als schlecht.
Zu befürchten sei, dass die Stadt Esens die Lücke zwischen den Abschreibungen und den zu leistenden Tilgungen des Eigenbetriebes TEB durch entsprechende Kapitalausstattung auch weiterhin wird schließen müssen.
Der Verwaltung wird dringend empfohlen, sich bei der Aufstellung des Wirtschaftsplanes der Touristik GmbH an gesetzliche Vorgaben zu halten und künftig gem § 128 NKomVG die Jahresabschlüsse des TEB und der GmbH mit dem Jahresabschluss der Stadt zusammen zu fassen (Konsolidierung ).
Abschließend weist der LK noch warnend auf die Situation um die kommunale Entlastungsstraße hin. Es sei zu erwarten, dass allein für den Erwerb der Straßenflächen erhebliche Mittel aufzubringen seien.
Aufgrund der derzeitigen Liquiditätsausstattung der Stadt Esens muss davon ausgegangen werden, dass diese Mittel vollständig über Kredite finanziert werden müssen.
Wir erinnern uns der Expertise des Ratsherrn Heiko Willms (SPD) anlässlich der Verabschiedung des Haushalts in der Ratssitzung vom 18.04.2018:
„Keine Steuererhöhungen und Kredite . Das ist ein guter Haushalt , der neue Akzente setzt“ !
Es scheint, dass sich nicht nur die Genossen in Berlin längst von der Realität verabschiedet haben.
Gleiche Realitätsverluste stellen wir , wie auch in diesem Fall, bedauerlicherweise seit Jahren bei den örtlichen Parteigrößen fest.
Zu guter Letzt ein Hinweis in eigener Sache.
Unsere Ratsgruppe BZE/Ole Willms hat im Finanzausschuss leider kein Stimmrecht. Dieses wurde ihr seitens der Ratsmehrheit durch ein grenzwertiges und für uns undurchsichtiges Verfahren verwehrt.
Unseren Antrag auf Korrektur dieses zu höchst undemokratischen Aktes lehnte die Ratsmehrheit ( feixend) ab........offensichtlich um kritische Stimmen zu verhindern.
Lesen Sie dazu auch , wenn Sie wollen, den Beitrag „Armutszeugnis“ vom 25.September 2017 im Menü „Aktuelle Themen“